Freitag, 30. September 2011

von HEINRICH SCHMITZ - PSYCHKG – DER GANZ NORMALE WAHNSINN

Ich weiß, er hört das wieder nicht gern. Er ist halt bescheiden der gute Mann. ABER, ich bin mir meiner Sache sicher:

Heinrich Schmitz gehört zu den paar aufrechten Anwälten die wir in Deutschland noch haben.

Woher ich das wissen will? Ich kann es beweisen: Welcher andere Advokat würde sich schon die Mühe machen, einen Missstand so intensiv und wortgewandt darzulegen, ohne dabei auf ein zu erwartendes Honorar zu schielen?
Klar, sein Kollege von Schirach schreibt auch zunächst ohne Honorar. Aber eben auch ohne gesellschaftspolitische Relevanz. Letztlich sind die Bestseller von Schirachs nachgeschobene Honorarforderungen: Denn ohne seine Klienten gäbe es keine Geschichten und keine Bestseller. Und nein, er teilt es auch nicht mit den elenden Figuren seiner Romane.

Mein anwaltlicher Bestseller-Autor jedenfalls heißt HEINRICH SCHMITZ. Lest es, auch wenn es unangenehm, aufwühlend und nervig im Wortsinne werden könnte. Es schockiert. Es regt auf.

Alexander





PSYCH KG DER GANZ NORMALE WAHNSINN von RA Heinrich Schmitz

Wann haben Sie das letzte Mal über das Risiko einer Zwangseinweisung in die Psychiatrie nachgedacht ? Wie, noch nie ? Betrifft Sie nicht, Sie sind ja nicht bekloppt. Ach so.


Wenn Sie in Remscheid, Bonn oder Krefeld wohnen, sollten Sie äußerst vorsichtig sein und vielleicht einen Umzug erwägen. Ihr Risiko plötzlich zwangseingewiesen zu werden ist hier
nämlich extrem hoch. Wenn Sie dagegen im Kreis Siegen, Herford oder Olpe leben, können Sie sich entspannen; in Siegen´(14,4 Unterbringungen/ 100.000 Personen) ist das Risiko einer
zwangsweisen Unterbringung ca. 18 mal geringer als in Remscheid (271,4/100.000- alle Zahlen aus 2009 ).

Da haben Sie natürlich noch nie etwas von gehört und das interessiert Sie auch nicht. Gratulation, Sie gehören zur absoluten Mehrheit. Aber wie und wo sollten Sie auch jemals etwas von Zwangseinweisungen gehört haben, es wird ja nichts darüber berichtet. Hätten Sie gedacht, dass in Deutschland jährlich rund 200.000 Menschen zwangsweise in der Psychiatrie
untergebracht werden ? Haben Sie jemals gehört, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen das geschieht ? Nein ? Macht ja nichts, betrifft doch nur die anderen.


Ich wünsche Ihnen, dass das so bleiben wird und wir uns nicht in den nächsten Tagen kennen lernen. In einer geschlossenen Abteilung. Wo ich Ihnen mitteile, dass mich das Amtsgericht
zu ihrem Verfahrenspfleger bestimmt hat. Wünsche ich ihnen nicht, kann aber passieren. In Remscheid schneller als in Siegen, aber auch dort.

Wenn Sie jetzt als Düsseldorfer ( 154,3/100.000) denken , es sei ja klar das in Köln (214,3/100.000) mehr Jecke leben als in der feinen Landeshauptstadt , sollten sie sich eventuell fragen, warum es im nahegelegenen Neuss so viel weniger sind (88 / 100.000).

Alleine diese regionalen Unterschiede bei der zwangsweisen Einweisung in die geschlossene Psychiatrie geben zu denken. Nach den Ergebnissen der WHO macht etwa jeder 4. Europäer im
Laufe seines Lebens eine psychische Krankheitsperiode durch, in Deutschland sollen es etwas mehr als 30% sein . Die Verteilung von psychischen Erkrankungen oder Störungen innerhalb der Bevölkerung sollte in etwa gleichmäßig sein, jedenfalls kann niemand ernsthaft erwarten, dass es gravierende Unterschiede in der Häufigkeit in zwei unmittelbar nebeneinander liegenden Städten geben könnte.

Wenn dennoch derart erhebliche Unterschiede bei den Zwangseinweisungen vorliegen, besteht der Verdacht, dass dies mit dem Einweisungsverfahren und dessen regionaler Handhabung
zusammenhängen könnte.

Sie glauben an den Rechtsstaat ? Das muss doch alles gesetzlich geregelt sein ? Ja klar, ist es - ein Grund mehr sich zu wundern.

In allen Bundesländern gibt es in etwa gleichlautende Vorschriften für die Einweisung in die geschlossene Psychiatrie, die man "Unterbringung" – klingt netter - nennt.

Danach ist " Die Unterbringung Betroffener" ... " nur zulässig, wenn und solange durch deren krankheitsbedingtes Verhalten gegenwärtig eine erhebliche Selbstgefährdung oder eine erhebliche Gefährdung bedeutender Rechtsgüter anderer besteht, die nicht anders abgewendet werden kann. Die fehlende Bereitschaft, sich behandeln zu lassen, rechtfertigt allein keine Unterbringung."

Da es sich um eine freiheitsentziehende Maßnahme - also einen massiven Grundrechtseingriff - handelt, muss die Unterbringung von einem Richter per Beschluss angeordnet werden.

Und da fängt das erste Problem schon an. Der Richter hat Rechtswissenschaften studiert, nicht Medizin oder gar Psychiatrie. Er mag, wie jeder andere Laie auch, erkennen, ob jemand vollkommen jenseits von Gut und Böse ist, aber er kann keine psychischen Erkrankungen diagnostizieren. Das fällt häufig sogar erfahrenen Psychiatern schwer, besonders wenn es ganz, ganz schnell gehen muss. Und das muss es natürlich, weil
nicht nur der kranke, sondern auch der kerngesunde Mensch in der Regel keine Lust darauf hat, sich mit anderen für ihn unheimlichen Menschen auf einer Station einsperren zu lassen. Der Wunsch, diese umgehend zu verlassen, ist außerordentlich ausgeprägt. Was macht also der arme Richter, dem der Gesetzgeber die Entscheidung über Freiheit oder Einsperren auferlegt hat ? Er erkundigt sich zunächst telefonisch bei dem Arzt, auf dessen Station der - im doppelten Wortsinne - Betroffene auf seine Anhörung wartet.

Und da fängt das zweite Problem schon an. Im Idealfall erwischt der Richter den Arzt, der den Betroffenen aufgenommen und sich mit diesem beschäftigt hat. Der kann dann wenigstens seinen persönlichen Eindruck wiedergeben. Das kommt schon mal vor.

Genauso kann es aber passieren, dass der Stationsarzt immerhin herzerfrischend ehrlich erklärt, er habe den Betroffenen noch nie gesehen, weil dieser von der letzten Schicht aufgenommen worden wurde, er können nur auf die Akte Bezug nehmen. Das ist dann für den Richter nicht wirklich hilfreich, aber was soll er machen. Innerhalb von 48 Stunden fährt der Richter nun in die Psychiatrie um den Betroffenen anzuhören.

Wäre der Betroffene jetzt ein Beschuldigter, also jemand dem man eine Straftat vorwirft, die einen Haftbefehl begründen könnte, bekäme er selbstverständlich einen Pflicht- verteidiger. Das gehört sich so in einem Rechtsstaat. Der Pflichtverteidiger könnte ihm raten zu schweigen, er dürfte ihn auf die Anhörung vorbereiten, man könnte gemeinsam eine Taktik für Vernehmungen ausarbeiten usw. - Dummerweise ist der Betroffene aber kein Beschuldigter. Hat ja nichts verbrochen, der Arme. Trotzdem, Grundrechtseingriffe sind ja eine ernste Sache und Rechtstaat ist nun mal Rechtsstaat, also bekommt auch er einen. Nein keinen Pflichtverteidiger , ist ja kein Strafverfahren , nein, er bekommt vom Gericht einen Verfahrenspfleger als Beistand beigeordnet. Im Gesetz steht : " Das Gericht hat dem Betroffenen einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll."
Immerhin haben die Oberlandesgerichte mittlerweile entschieden, dass so ein Verfahrenspfleger eigentlich immer erforderlich ist. Es gibt also fast immer einen.

Den Verfahrenspfleger sucht der Richter aus. Nach welchen Kriterien entscheidet er ganz alleine.

Meistens ist das dann immerhin ein Rechtsanwalt. Wenn der Betroffene dann ganz viel Glück hat, ruft der Richter den Anwalt schon vor der Anhörung an und der Anwalt kommt dann mit zur Anhörung. So wurde das früher meistens gemacht. Immer öfter fährt der Richter jetzt aber erst mal alleine zur Anhörung. Der Betroffene sitzt dann da , der Richter kommt, ein Arzt ist dabei und dann wird angehört. Würde dem Betroffenen eine Straftat vorgeworfen, würde er jetzt belehrt, dass er gar nichts zu sagen braucht. Aber er hat ja nichts verbrochen. Er kennt die Situation auch gar nicht, er ist nervös, er will raus, er ist verzweifelt, verwirrt , sauer, aggressiv, traurig oder er steht bereits unter
Psychopharmaka. Je nach dem. Meistens redet er mit dem Richter, in der Hoffnung, dieser werde ihn nicht unterbringen, sondern freilassen. So sind die Menschen, die Hoffnung stirbt zuletzt.

Er erklärt also, dass das alles ein Irrtum sei. Dass er weder sich noch anderen Leuten etwas antun wolle. Dass er vielleicht gesagt habe, das Leben habe keinen Sinn, dass das aber ja auch nicht zu widerlegen sei und keinesfalls bedeute, dass er sich oder
andere umbringen wolle.

Der Richter hört sich das an, fragt eventuell nach. Und dann muss er entscheiden. Meist wird noch der Arzt angehört und dann kommt der Beschluss. Bis zu 6 Wochen kann man erst mal vorläufig untergebracht werden. Wenn's etwas mehr sein darf, muss ein Gutachten eingeholt werden. Der Betroffene ist nach der Anhörung meistens noch betroffener und bekommt die frohe Botschaft, er erhalte jetzt einen Verfahrenspfleger und er könne Rechtsmittel gegen den Beschluss einlegen. Solange der Beschluss nicht aufgehoben ist bleibt er auf der geschlossenen Station, es sei denn der Arzt entlässt ihn früher.

Wenn man Pech hat, findet die Anhörung und die vorläufige Unterbringung an einem Freitag statt, häufig nachmittags. Wenn der Richter dann zurück ins Gericht kommt - falls er nicht nach der Anhörung sofort ins Wochenende geht und die grüne Akte mitnimmt, sind alle Geschäftsstellen- und Schreibkräfte längst im Feierabend. Der Beschluss wird also erst frühestens Montag geschrieben, unterschrieben und dann dem Betroffenen und dem Verfahrenspfleger zugestellt. Soviel Zeit muss sein. Einige Gerichte haben immerhin die Geschäftsstellen angewiesen, den Verfahrenspfleger telefonisch zu informieren, sonst
kann es Dienstag oder auch Mittwoch werden, bis der Verfahrenspfleger überhaupt etwas davon erfährt, dass da jemand eingesperrt wurde. Es kann also sein, dass man schon mal eine Woche eingesperrt wird, bevor man etwas dagegen tun kann.

Sobald der Verfahrenspfleger von dem Verfahren Kenntnis erhält, sollte er sich auf den Weg zum Betroffenen machen. Das ist auch kein Problem, weil Anwälte ja nur darauf warten, alles
stehen und liegen zu lassen , Termine abzusagen usw. . Wenn man das Glück hat, einen aufrechten Kämpfer für die Freiheit zugeteilt zu bekommen, sollte man sich deshalb nicht wundern, wenn dieser sich erst nach der Tagesschau blicken lässt. Die Qualität des
Verfahrenspflegers ist dabei vom Zufall abhängig.

Da fängt das dritte Problem an. Während der normalen Ausbildung, also im Studium und in der Referendarzeit , hat der angehende Anwalt noch nie etwas vom PsychKG gehört. Das weiß auch der Richter,dem es bei gleicher Ausbildung nicht anders ging. Gleichwohl erwischt es häufig im Geschäftsverteilungsplan der Gerichte die jungen Richter. PsychKG-Sachen sind nicht gerade die Sachen, die irgendjemand gerne bearbeitet. Zu diesen häufig jungen und zwangsläufig unerfahrenen Richtern stoßen dann genauso häufig, junge unerfahrene Rechtsanwälte. Das kann mehrere Gründe haben. Vielleicht kennt der Richter noch einen
Kommilitonen der Rechtsanwalt geworden ist, vielleicht hat ein gerade erst zugelassener Freiberufler auch mehr Kapazitäten als ein erfahrener mit vollem Kalender, vielleicht glaubt mancher Richter auch, er tue den jungen Anwälten mit der Beiordnung etwas Gutes oder auch ein Verfahrenspfleger sei eigentlich überflüssig. Viele Anwälte lehnen es auch rundweg ab, als Verfahrenspfleger beigeordnet zu werden, weil sich mit Unterbringungs- sachen kein Geld verdienen lässt. Eigentlich verliert man sogar Geld, wenn man als Anwalt so dämlich ist, diese Tätigkeit zu übernehmen. Der Verfahrenspfleger erhält ein
Stundenhonorar von 33,50 € brutto inklusive Auslagen, versuchen sie dafür mal einen Klempner zu bekommen. Eine normale Pflichtverteidigung kostet den Staat schon deutlich mehr. Ist aber ja kein Strafverfahren.

Wie dem auch sei. Irgendwann werden Sie vielleicht schon sehen, wer Ihr Verfahrenspfleger ist.

Es sei denn, sie wären schon wieder entlassen worden, bevor er in die Klinik kommt. Auch das kommt vor. Da sind Sie Freitags für 3 Wochen zwangseingewiesen worden , weil Sie eine
erhebliche Gefahr für sich und andere darstellen , und zwei Tage später lässt der Stationsarzt Sie einfach wieder raus. Natürlich freuen Sie sich über die wiedergewonnene Freiheit. Der Beschluss wird wegen Ihrer Entlassung aufgehoben und die Sache ist für
die Justiz erledigt. Dass Ihre schnelle Entlassung stark dafür spricht, dass die vorherige Zwangseinweisung eher rechtswidrig war, kümmert Sie auch nicht weiter. Sie wollen ja nichts mehr mit dem Gericht oder der Psychiatrie zu tun haben. Deshalb verzichten Sie auch darauf den ursprünglichen Beschluss anzugreifen. Ist verständlich. Dass die grüne Akte, in der steht, dass sie eine Gefahr dargestellt haben , weiter existiert kümmert sie auch nicht. Da kommen Sie ja gar nicht drauf.


Es kann auch sein, dass Sie den Verfahrenspfleger doch noch kennen lernen und gegen den Unterbringungsbeschluss Beschwerde einlegen. Auch dann passiert es nicht gerade selten, dass Ihre Entlassung ganz zufällig an dem Tag erfolgt, an dem das Beschwerdegericht eigentlich entscheiden wollte. Auch dann sind Sie frei, freuen sich und über die Rechtmäßigkeit der Unterbringung wird wieder nicht entschieden. Wenn es ein Fehler war, Sie unterzubringen, merkt das keiner.

Nochmal, wir reden über Ihre Freiheit. Über die Freiheit von Menschen, denen keinerlei Straftat vorgeworfen wird, die aber möglicherweise krank sind.

Es geht beim PsychKG darum, kranke Menschen davor zu bewahren für sich oder andere eine erhebliche Gefahr darzustellen. Es geht um den Schutz der Öffentlichkeit und um den Schutz des Betroffenen.
Dagegen ist grundsätzlich gar nichts einzuwenden, wenn sichergestellt ist, dass die Kriterien für eine solche Maßnahme auch tatsächlich vorliegen und irgendwie überprüfbar sind.


Das scheint aber gerade nicht gewährleistet. Der Richter kann selbst nicht feststellen, ob jemand krank ist. Dazu braucht er den Arzt. Der Arzt will helfen, will behandeln, will Gutes tun. Ist ja kein Jurist. Dazu muss er den Betroffenen , der lieber nach Hause will, auf der Station behandeln. Das gesundheitliche Wohl des Patienten steht für den Arzt im Vordergrund, zu mutmaßen, es wäre auch die Auslastung seiner Station , würde von ihm als böswillige Unterstellung zurückgewiesen.

Der Richter muss entscheiden, ob dem Betroffenen sein Grundrecht auf Freiheit der Person entzogen werden muss. Eine vielleicht sinnvolle Behandlung des Betroffenen ist nicht Sinn und Zweck des Verfahrens, auch wenn der Arzt das meistens anders sieht. Der Richter hat nur erhebliche Gefahren abzuwehren, sonst nichts. Doch wie soll man nachweisen, dass von einem Menschen eine erhebliche Gefahr ausgeht. Vielleicht hat der Betroffene sich über etwas geärgert und lauthals Drohungen herumgebrüllt, die er aber niemals ernst gemeint hat, vielleicht ist er auch ein eher trauriger Mensch, der in der Anhörung kaum zu vernehmen ist und der mit weinerlicher Stimme spricht. Was bringt es, ihn zu fragen , ob er sich oder andere umbringen möchte ? Wenn er das tatsächlich vorhat, wird er es auf jeden Fall vehement bestreiten. Auf das Gequatsche von Familienmitgliedern zu hören kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Man weiss ja nicht, ob stimmt was die erzählen oder ob die einen anderen Grund haben, den Betroffenen los zu werden.

Der Richter ist also zugegebener Maßen in einer schwierigen Lage. Er soll entscheiden und kann sich absolut nicht sicher sein, die richtige Entscheidung zu treffen. Und da kommt es verständlicherweise vor, dass der Richter lieber mal die sicherere Variante wählt. Unterbringung. Lässt er den Betroffenen frei, könnte ja was passieren. Es passiert ja dauernd was, draußen, in der Freiheit. In der Psychiatrie eher nicht, und wenn, dann ist jedenfalls nicht der Richter schuld. Es gehört schon viel Mut und Entscheidungsfreude dazu, jemanden nicht unterzubringen. Und – mag der Richter sich denken – es gibt ja ein Rechtsmittel, also macht er ja nichts endgültig falsch, falls er was falsch macht.

Da die Kriterien für die Unterbringung sich nicht wie Blutalkoholwerte oder Geschwindigkeiten messen lassen, stellt die Entscheidung letztlich eine öffentlich-rechtliche Form von Hellseherei dar. Wer will schon wissen, ob von einem anderen Menschen in naher Zukunft eine Gefahr ausgeht. Da hat’s der Strafrichter schon einfacher, weil er sich mit Vergangenheit beschäftigt. Selbst wenn der Betroffenen wegen eines missglückten Suizidversuches auf die Station gekommen ist, heißt das ja nicht, dass er es gleich noch mal versuchen wird. Und nur weil jemand sich für Jesus hält, muss er ja nicht zwangsläufig versuchen über’s Wasser zu gehen und ein Nero muss nicht zwingend die Stadt anzünden.

Es ist also mehr oder weniger dem Zufall überlassen, ob Sie auf der geschlossenen bleiben oder nicht. Zufall und Rechtsstaat ? Kaum zu glauben ? Ist aber so.

Übrigens, die durchschnittliche Miete in Siegen ist etwas höher als in Remscheid, aber vielleicht ist das der Preis der Freiheit.

--
RA Heinrich Schmitz

von HEINRICH SCHMITZ - AUFERSTEHUNG ERFORDERLICH

Eine Gegenrede gegen die Argumentation meines Facebook-Austritts hier: http://wallasch.twoday.net/stories/badbye-facebook/



Falls Alexander Wallasch wirklich facebook-süchtig gewesen wäre - was ich ernsthaft bezweifle - , wäre sein fb- Verzicht zunächst einmal ein richtiger Schritt - Entgiftung. Ob allerdings der Konsum mittels per mail übermittelter facebook.--threads mit dem Konzept der Methadon-Substituition vergleichbar ist, glaube ich nicht. Schließlich bekommt er "echten Stoff" , allerdings nicht mehr vom Hersteller, sondern vom Zwischenhändler.



Jede technische Neuerung, sei es auf dem Gebiet der Mobilität,sei es auf dem Gebiet der Kommunikation birgt neue Gefahren. Und bei jeder Neuerung gibt es Menschen, deren Ängste bezüglich dieser Gefahren sich ins Unermessliche steigern. Das war bei der ersten Eisenbahn nicht anders als bei den ersten Autos, dem Radio, dem Fernsehen,dem Telefon oder dem internet. All diese Dinge, die aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken sind, lösten bei ihrer Einführung Ängste aus, über die wir heute nur lachen können. Das heißt nicht, dass diese Dinge nicht auch gefährlich sind, gleichwohl nehmen wir sie z.B. im Straßenverkehr bewusst in Kauf, um die unbestreitbaren Vorteile genießen zu können. Nicht anders ist es bei facebook. Die von Alexander Wallasch angeführten Gefahren bestehen gewiss - sie sind aber nicht nur beherrschbar, sondern auch im Rahmen der revolutionären Vorteile, die facebook bietet, mit einem angemessenen Risikobewusstsein auch hinnehmbar. Ich käme nicht auf die Idee, auf das Autofahren oder das Fliegen zu verzichten,nur weil mir die Gefahren von Unfällen bekannt sind. Wer nicht bereit ist etwas zu riskieren, darf eigentlich nur noch in einem von der Außenwelt vollkommen isolierten Bunker bleiben und sich dort von selbstgezogenen Sprossen ernähren - ach nee, Sprossen war jetzt kein gutes Beispiel. Das Leben ist nicht ohne Risiken aber - no risk no fun.



facebook ist aufgrund seiner unglaublichen Reichweite auch in der politischen Welt eine Gefahr. Wie jedes Massenmedium ist facebook zur Meinungsbildung geeignet. Da kann durch entsprechende Propaganda und Fehlinformationen manches Unheil angerichtet werden. Andererseits kann staatliche Propaganda auch blitzschnell aufgedeckt werden. Unrecht z.B. Menschenrechtsverletzungen bei Demonstrationen sofort per smartphone um die Welt geschickt und von keinemUnrechtsregime zurückgeholt werden.

Die Informationen können an den normalen Medien vorbei blitzschnell um die Welt gehen und helfen Menschen in anderen Ländern zu informieren, die von den "normalen" oder staatlichen Medien nicht informiert werden. So konnte ich z.B. meine japanischen facebook-freundinnen und -freunde über die hier bekannten Informationen über die Atomreaktorkatastrophe auf dem Laufenden halten. Die wussten zunächst so gut wie gar nichts darüber. Übrigens - ohne facebook hätte ich vermutlich gar keine japanischen facebook-freunde und diese würden mich niemals kennengelernt haben. Gleiches gilt auch für die ganzen Musiker auf der ganzen Welt und es gilt auch für Alexander Wallasch, der erst ein lustiger facebook-freund und dann ein richtiger Freund wurde. Alleine das ist mir wert, die politischen Gefahren von facebook in Kauf zu nehmen.



facebook mit derzeit rund 800 Milionen Nutzern wird nicht verschwinden, weil Alexander Wallasch oder ein paar Hundertausend oder auch ein paar Millionen ihre Profile löschen. Es wird höchstens verschwinden, weil es etwas besseres geben wird. Solange facebook aber existent ist, darf man es nicht alleine lassen. Es ist vielmehr erforderlich, dass denkende Menschen, Menschen mit Meinungen und Grundsätzen, Werten und Ideen, Herz und Hirn, und einem Arsch in der Hose, also gerade Menschen wie Alexander Wallasch, ein Auge auf diese Medium haben, schreien, wenn sie schreien müssen, sagen, was sie zu sagen haben, und deutlich korrigieren was aus ihrer Sicht falsch ist.



Meinungsfreiheit ist ein viel zu hohes Gut als dass wir das den anderen überlassen dürfen, denen die facebook für ihre egoistischen Zwecke einsetzen. Arschlöcher gibt es überall , aber bei facebook kannman sie entlarven, kaltstellen und meinetwegen auch Arschloch nennen. Zensur, Blockwartdenken und Repressalien haben bei facebook nichts verloren. Es braucht Köpfe , meinetwegen auch leader ( klingt jedenfalls besser als Führer ), die nicht nur eine Meinung haben, sondern auch in der Lage sind, diese kraftvoll zu formulieren. Es braucht Provokation und Provokateure um aufzurütteln, zum Denken anzuregen, Gedanken in die facebook-Welt und damit auch in die reale Welt zu setzen. Es braucht Menschen die Zeitungen lesen und die aus ihrer Sicht diskussionswürdigen Artikel posten, kommentieren und damit andere klüger machen. Oder auch einfach nur Spaßvögel, die einem nach einem anstrengenden Arbeitstag ein lustiges Bild oder eine gute Musik zeigen.



Auch interne facebook-Problem und Gefahren müssen ständiger Gegenstand der postings und gegenseitigen Information sein. facebook als Unternehmen kann nicht daran interessiert sein dauerhaft als datengeiler Moloch dargestellt zu werden. facebook lebt von seinen usern und wenn die alleine oder in Gruppen Veränderungen fordern, wird auch der böse böse Zuckerberg verstehen, dass er diese Änderungen anordnen muss, weil sonst tatsächlich das passiert , was er als Schlimmstes fürchten muss, das facebook verschwindet. Das Phänomen des social networks wird deshalb nicht mehr verschwinden, weil die Vorteile unübersehbar sind, aber es könnte sein das facebook, wenn es den Bogen überspannt bzw. den überspannten Bogen aufgrund des Druckes seiner user nicht wieder entspannt, verschwindet. Aber jetzt bereits den Kampf für eine nutzerfreundliches facebook aufzugeben fände ich schade. Einer den wir dafür brauchen wäre Alexander Wallasch - es sei denn, er sei tatsächlich facebooksüchtig gewesen.

Eine Wiederauferstehung ist nach einem facebooksuizid nicht nur möglich , sondern erforderlich. Wiederauferstandene sind nicht nur bei Matussek herzlich willkommen.

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