Donnerstag, 22. Mai 2014

Frank-Walter Steinmeier 's lächerlicher Ausraster



Hier zur live-Aufzeichnung:
http://www.youtube.com/watch?v=AX5m5swD-QU

Ach herrje, da spielt der ach so besonnene Steinmeier mal den kalkulierten Wütterich und schon liegen Frank-Walter die sozialdemokratisierten Massen auf Youtube reihenweise zu Füßen. Mit heißgelaufenem cholerischem Bariton in Überlautstärke überhaupt nichts Substanzielles gesagt und doch vortrefflich den Ton getroffen. Ja geht’s noch?

Hat sich da einer auf den Weg gemacht, doch nochmal eine persönliche historische Marke zu setzen? Denn von seiner gewesenen Außenministerzeit 2005-2009 ist ja nichts Aufregendes im Gedächtnis hängen geblieben. Die Vizekanzlerschaft von 2007-2009 ebenfalls Fehlanzeige. Dann ein paar Jahre saure Gurkenzeit und 2013 mit der Großen Koalition doch noch der unverhoffte Wiedereinstieg rechts von einer stabilen linken Mehrheit.

Höchste Zeit, dachte sich wohl nun der erneut veraußenministerte Steinmeier, seine bisher so blasse Polit-Karriere mit Heldentaten historischen Ausmaßes zu vergenschern. Dafür braucht’s aber die adäquate Krise! Aber leider taugt die Ukraine nicht für so etwas, wie Genschers historische Balkon-Rede. Kein deutsches Problem. Keine Emotionalisierung von Landsleuten über grenzen hinweg. Keine Ahnung. Und wie klänge das auch, wenn Steinmeier in einem russisch befreiten Donesk den verdutzen Rest-Ukrainern erklären würde: „Ihre Ausreise wurde bewilligt!“

Also kein goldener Lorbeerkranz in Aussicht. Keine Marmorbüste im Regensburger Walhalla beauftragt. Nein, nicht einmal für einen historischen Farbbeutelwurf samt geplatztem Trommelfell reicht es aktuell beim Steinmeier.

Also muss eine Strategie her: Wie wäre es denn, wenn wir nicht länger warten, sondern dort hingehen, wo man sich regelmäßig aufregt? Also abgemacht und Reichsparteitag mit Frank-Walter Steinmeier auf dem Berliner Alexanderplatz, der sonst Woche für Woche ein paar versprengten Montagsdemonstranten alleine gehört. Perfekt alleine schon deshalb, weil deren merkwürdige Anliegen medial bereits im Vorfeld ausreichend diskreditiert wurden. Und die Demo-erprobten Montägler halten Wort: „KRIEGSTREIBER!“ Das ist dann so schön laut und deutlich zu verstehen, dass Steinmeier sein Glück kaum fassen kann. Und überall Kameras! Zwei besonders gut positioniert in Richtung Steinmeier und Demo-Grüppchen.

Zunächst stockt Frank-Walter fast der Atem, wie er einem stockt, wenn die Gelegenheit endlich da ist, dann poltert er schon zu laut und deutlich zu überengagiert los:
„Ihr habt kein Recht! Der deutschen Sozialdemokratie muss man nicht sagen, warum wir für Frieden kämpfen!“ Wow!, das ist die große Ausholbewegung mit den ganzen ollen Kamellen, die Schröder und sein grüner Sozialpartner Fischer schon im ersten katastrophalen Durchgang geschmissen hatten, als man ihnen die Kampfjets über Belgrad verbieten wollte, als mit einem Handstreich Helmut Kohls Anti-Kriegseinsatzpolitik und Willy Brandts "Vom deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“ posthum in den Lokus verfrachtet wurden.

Das muss man sich mal vergegenwärtigen, da protestieren Menschen auf dem Alexander, so wie andere mit viel größerer Not auf dem Maidan, dem Tahir oder sonstwo und Steinmeier, der von Vertretern des Koalitionspartner gerade gesagt bekam, seine Mission in der Ukraine sei planmäßig gescheitert, nimmt sich so ein paar harmlose Montagsdemo-Bürschchen und geifert in die aufgestellten Kameras: „Weil wir den Frieden wollen, dürfen wir es euch nicht so einfach machen! Es gibt immer noch Menschen, die Europa nicht verstanden haben.“ Niemand hätte wohl im Traume von dem Häufchen Elend mit so viel Aufmerksamkeit gerechnet.

Und was soll man sagen, man will es kaum glauben, aber die Strategie geht auf. Nichts gesagt, aber dieser Schreihals-Ton, diese perfekt inszenierte Empörung kommt bei den Menschen vor den Computern gut an. Klick, Klick, Klickerdiklick.



Und man kann sogar relativ genau sagen, seit wann das so perfekt funktioniert: Die kritische Marke jeder oppositionellen Grundhaltung war mit Bekanntwerden des NSA-Skandals und der Überwachung des Merkelschen Telefons überschritten. Seit dem gibt das Stockholm-Syndrom den Ton an. Ein gigantischer Solidarisierungseffekt. Sorge regiert wieder. Nun soll einfach alles so sein wie früher. Eine große Sehnsucht wächst nach der Bonner Republik und den stereotypen Ost-West-Feindbildern. Und Steinmeier spielt diesen Stockholm-Syndrom-Effekt perfekt aus. So schafft er es tatsächlich gegen jede Logik, gegen den gesunden Menschenverstand glaubhaft zu machen, das diese paar versprengten Montagsdemonstranten stellvertretend seien für eine kritische Masse von Menschen, die in der Lage sein könnten, Steinmeiers – nein, Deutschlands! – Außenpolitik zu gefährden.

Die FAZ berichtete perfekt begleitend, Frank-Walter Steinmeier vergleiche seine Tätigkeit als deutscher Außenminister mit der eines Ingenieurs, der vor einem Graben stehe: „Hier die Erwartungshaltung der außenpolitischen Elite des Landes aus Wissenschaft, Stiftungen und Publizistik, Deutschland möge gemäß seiner wirtschaftlichen Bedeutung mehr außenpolitische Verantwortung in der Welt übernehmen. Dort die Skepsis in der breiten Öffentlichkeit gegenüber einer stärkeren Rolle Berlins in der Welt. Ein Ingenieur würde sagen, erklärt Steinmeier (...) im Weltsaal des Auswärtigen Amtes, über diesen Graben lasse sich keine Brücke bauen. Die Politik aber habe keine Wahl.“

Ja ne, ist klar. Und auf alle Fälle beeindruckend, dass mal ein hochrangiger Politiker offen klar stellt, das längst nicht mehr das Primat der Politik gilt, sondern der außenpolitische Kurs im selben Maße von den global operierenden deutschen Unternehmen, vertreten von ihren Stiftungen und der Publizistik, bestimmt wird.

Was lernen wir daraus? Politisches Scheitern wird uns heute als herzerweichender Kampf gegen Windmühlen verkauft. Vorne weg und jetzt auch hart am Wind: der krächzende Sancho Panza der deutschen Außenpolitik. Einer der sich Sozialdemokrat nennt und nicht einmal genug Arsch in der Arbeiterhose hat, den Menschen reinen Wein einzuschenken, Ihnen mal klipp und klar zu sagen, dass das Modell Deutschland auf der internationalen Bühne zur Lachnummer geworden ist. Nein, der Bürger soll heute gefälligst intuitiv verstehen, was man sich nicht traut laut und klar auszusprechen. Rauszuschreien sowieso nicht.

Politik für Deutschland ist anachronistisch geworden. Aber wozu so frech beschweren, solange der Kühlschrank noch immer gut voll geamcht wird? Nein, Deutschland war nie souverän, Deutschland ist nicht souverän und Deutschland wird es nie mehr sein. Souveränen Gestus zeigt man heute nur noch gegenüber wenigen Hartzern und paar Studenten auf dem Alexanderplatz, wenn man ihnen in Selbstverliebtheit und bigotter Entrüstung entgegengeifert:

„Europa, das ist die Lehre von Zeiten, in denen sich Menschen nicht zugehört haben, in denen man aufeinander geschossen hat. Ich fordere Euch auf, hört zu!“

Das ist natürlich nicht zum Totschießen, sondern zum Totlachen. Keine Sorge, lieber Frank-Walter, von diesen Montagsdemonstranten hast Du nicht zu befürchten. Deshalb hast Du sie Dir ja auch für Deine Wutrede ausgesucht und nicht Deinen Kollegen John Kerry oder den nächsten vorlauten Aufsichtsratsvorsitzenden, der morgen oder wann immer mit großer Fresse unangemeldet in Dein Büro platzt oder Dich gleich in seines zitiert. Herrje, wie erbärmlich das alles ist.

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