Mittwoch, 1. Februar 2012

Wir werden alle slomkamiosgaisiert.



Ich frage mich manchmal, was sich heute der deutsche Fernsehzuschauer denkt, wenn er Nachrichten schaut. Geht des den meisten schon so wie mir, oder bin ich noch Minderheit? Immer massiver nervt mich dieser tendenziöse Ton. Früher war das doch viel dröger. Aber das passt zu den Nachrichten. Muss sogar passen!

Mal ehrlich, Marietta Slomka (heute-journal) und Caren Miosga (Tagesthemen) – das ist doch kaum noch zum aushalten. Und das erinnert doch im Ton immer mehr an eine übergebildete, hochnäsige Gespielin, der man den Laufpass gegeben hat und sich eigentlich freut, das man das mit dem Heiratsantrag damals doch nicht final gemacht hat. Was haben die bloß? Warum sind die so? Diese Schnutigkeit, dieses unbedingt zwanghafte Emotion und Anteilnahme zeigen wollen!

Claus Kleber – ja, der nervt nicht, aber dem merkt man doch schon die aussterbende Art an. Aber leider, leider: er versucht auch immer mehr zu gefallen. Der verslomkat oder vermiosgat Sendung für Sendung mehr. Zumindest befürchtet man das.



Was ist das also genau? Dummheit? Denkfaulheit? Degeneration? Ich glaube es ist ein Gefallen-wollen-um-jeden-Preis. Die Spätfolgen der Nachrichten der Privatsender. Das Ankerman-Syndrom!

Wer behauptet das eigentlich, das Nachrichten erst dann welche sind, wenn man sie in einen möglichst persönlichen Kontext stellt? Nur was für ein Kontext ist das dann? Wer sind Slomka und Mioska? Wo kommen die her und warum heißen die nicht Frau Müller und Frau Schmidt? Ist das auch schon Teil der Inszenierung?

Nein, denn wäre es eine Inszenierung, dann hätten sie sicher Doppelnamen: Frau Slomka-Miosga und Frau Mioska-Slomka. Und dann bekäme man sicher noch mitgeliefert, das die eine Lesbierin und die andere in dritter Ehe mit einem farbigen Baseballspieler verheiratet ist. Aber selbst wenn das wahr wäre, wer will das überhaupt von einer Nachrichtensprecherin wissen? Soll das nun der Ausgleich sein für qualitativ immer miesere, tendenzielle Nachrichten?



Es ist doch eben gerade das Nichtwissen, das mich davon befreit, das, was mir die Sprecherin dort serviert,mit ihrer persönlichen Lebens- und Leidensgeschichte abgleichen zu müssen. Das will ich nicht. Ich möchte auch nicht wissen, wie Slomka und Miosga über die Afrikanische Revolution denken, nicht, das sie schon einmal in Griechenland im Urlaub waren und auch nicht das sie Wulff mittlerweile untragbar finden.

Das würden die auch gar nicht sagen? Natürlich tun sie das: Mit Gesten, Betonungen und einer so wenig zurückhaltenden Körpersprache, das man unzweifelhaft von Vorsatz ausgehen muss.
LB - 1. Feb, 15:12

Wer gefallen will, gefällt nicht

Du hast Recht, hinter der gefuehligen Betroffenheit und bemuehten Anteilnahme steht Wohl der Wunsch, möglichst vielen zu gefallen. Auf diese Weise werden Nachrichten zum Infotainment. Aber was zeigt sich? Die Genannten haben eben nicht den Status, den die früheren Grandseigneurs der Tagesthemen und des Heute-Journals hatten. Der Grund hierfür liegt auf der Hand. Letztere waren ganz einfach aus sich heraus besondere Persoenlichkeiten, die ihr eigenes Ding gemacht haben.

Fazit: wer gefallen will, gefällt nicht. Jedenfalls nicht immer.

Alexander Wallasch - 1. Feb, 15:18

"Dummgeglotzt" von Alexander Kissler

Ja, aber viel peinlicher, ich realisiere gerade, das Autor Alexander Kissler das in einer Form und in einer literarischen Größe in seinem wunderbaren "Dummgeglotzt" schon geschrieben hat, die diesen Blog tatsächlich völlig überflüssig - ja fast peinlich – macht! Ebenso blöd von mir, das ich das noch gar nicht gelesen habe.

http://www.amazon.de/Dummgeglotzt-Wie-das-Fernsehen-verbl%C3%B6det/dp/3579068865/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1328105902&sr=8-1

Auszug aus Alexander Kissler, "Dummgeglotzt", Gütersloher Verlagshaus:

"Der besondere Beitrag der beliebten Marietta Slomka zur Infantilisierung des Zweiten Deutschen Fernsehens besteht darin, dass sie – so sie nicht gerade in Washington feiert – fast jede Nachricht im Gestus des altklugen Kindes präsentiert. Die Backenzähne stürzen bei geschlossenem Mund aufeinander, zwei ernste Grübchen bilden sich auf den Wangen, die Lippen formen einen Trichter, die Augenbrauen rutschen ein wenig nach oben, manchmal lehnt sie sich auch mit dem Oberkörper zurück: Ist ja allerhand, sagt sie uns mimisch, was auf der Welt so passiert, aber damit war zu rechnen. Mit allem rechnet nämlich sie, die uns hier mit großer Grandezza ein frühreifes, schnippisches Mädchen vorspielt. Ihr stummer Refrain könnte direkt einem Lied des Kabarettisten Rainald Grebe entstammen: „Kenn’ ich, kann ich.“

Das leise, aber sehr bestimmte „mmh“, mit dem sie ihren Gesprächspartner ins Wort fährt, ist ähnlich wie bei Maybrit Illner von der Ungeduld derer geprägt, die nichts Neues mehr unter der Sonne erwarten. Deshalb bildet sie oft auch keine Fragen, sondern hebt kurz die Stimme an nach Aussagesätzen, etwa im „heute-journal“ zum Amoklauf: „…enorm viel Munition, die er offenbar aus dem Elternhaus hatte?“ Gerne verwendet sie, um den Eindruck eines streberhaften Allesverstandenhabens zu verfestigen, bestimmte Wörter als Leitmotive. „Mit enormer Brutalität“ habe Tim K. getötet. Die Wucht des Wissens sitzt fest auf dem Adjektiv, das sie eigens betont und dem sie eine Stirnfalte und ein zum Schlitz verschlanktes Augenpaar hinterherschickt, „e-norm“. Später folgen auf selbe Art und Weise, „extrem brutal und gezielt“ sei der Mörder vorgegangen, die „enorme kaltblütige Brutalität“ sei bemerkenswert.

Gerade das Außergewöhnliche wird eingebettet in die standardisierte Rhetorik, ins neunmalkluge Staunen über Dinge, die man längst durchschaut habe. Mit Blick auf das Erfurter Massaker fragt Slomka in unvollständigen Sätzen, damals „wurde viel diskutiert, was muss sich ändern – schärfere Waffengesetze? Auch Robert Steinhäuser war ja“ – die Lippen schließen sich kurz, die Grübchen erscheinen, der Oberkörper wippt nach hinten, die folgende Silbe wird gleich bedeutungsschwer betont werden – „Sport-schütze“. Das harmlose Wort soll klingen wie „Volkstribun“ oder „Kriegsverbrecher“ und meint doch nur: Sportschütze.

Die Eröffnung des jeweiligen „heute journals“ führt schlagartig hinein in Mariettas bunte Welt. „Auch heute war wieder Krise“, lautet ein typischer Eingangssatz, oder auch „Die Zahl muss man sich auf der Zunge zergehen lassen“ oder schlicht „Das war heute wieder ein Tag mit schlechten Nachrichten“. Es folgen die Überlegungen eines strebsamen Kindes, das sich für uns, dem Lehrer in der „Feuerzangenbowle“ gleich, janz, janz dumm stellt. „Soll Opel am Ende verstaatlicht werden? Und was heißt das überhaupt?“ Spätestens jetzt schraubt die Stimme sich nach oben, lösen die Hände sich aus ihrer wechselseitigen Umklammerung, flattern kurz flehend nach oben. Ja, „was heißt das überhaupt?“ Den entsprechenden Beitrag fasst sie dann zusammen mit „schwierige Sache“.

Ein Filmchen über den kalifornischen Gouverneur Schwarzenegger auf Deutschlandbesuch nutzt Slomka in vertrauter Weise zum Scherzwort. Er sei „schon längst kein Superheld mehr, sondern“ – kurze Pause, kurzes Grübchen, Sehschlitzverengung, Trichterlippe, Stimme wandert nach oben – „Politiker“. Von solcher Art sind die Witzelchen im renommiertesten Nachrichtenmagazin des Zweiten Deutschen Fernsehens: gestern Held, heute Politiker, was für ein Abstieg, ha-ha-ha."
LB - 1. Feb, 15:40

Siehst Du, Du hättest eben zu seinem Vortrag bei uns in München kommen sollen ;). Aber AKs Ausführungen machen Deine ja nicht ueberfluessig. Beide ergänzen sich vielmehr perfekt!
heinrich schmitz - 1. Feb, 15:29

George Harrison hat my sweet lord auch neu komponiert, obwohl es die Melodie schon gab. Überflüssig wäre der Blog nur, wenn's ein Plagiat wäre, wofür aber auch gar nichts spricht. Dass zwei Leute unabhängig voneinander die, gleiche Empfindung haben und zum Ausdruck bringen, ist schon mal ein Indiz für die Richtigkeit.

LB - 1. Feb, 15:43

Man nennt es auch partielle Seelenverwandschaft ;-). Gabs auch schon bei anderen Themen. Ich glaube ja, es liegt am gemeinsamen Vornamen ;).
Alexander Wallasch - 1. Feb, 15:50

Ja, es kann wenn nur am Vornamen liegen, denn bei Peter Alexander hat es nie funktioniert. Zumindest bei mir nicht. ;)
heinrich schmitz - 1. Feb, 16:19

Alexander war nicht wie vermutet ein Nach- oder Künstlername, sondern der 2. Vorname von Peter Alexander- womit die Vornamenstheorie locker widerlegt wäre.

LB - 1. Feb, 16:33

Nein, Heinrich, nicht zwingend. Der zweite Vorname ist ja weit weniger bedeutsam als der erste Vorname. So ist letzterer ja etwa meistens auch der Rufname.
heinrich schmitz - 1. Feb, 16:43

O.K. Nicht zwingend, aber locker. Um es endgültig zu beweisen nehmen wir mal Alexander Klaws. Reicht' s jetzt ?

LB - 1. Feb, 16:48

Hm, die Theorie bedeutet ja nicht, dass ALLE Traeger desselben Namens ähnliche Gedanken haben. Wie auch immer, verblüffend ist es allemal. Wann gibt es eigentlich die nächste Notiz von Dir, Heinrich? Freu mich schon drauf!
heinrich schmitz - 1. Feb, 16:54

Auf meiner fb seite am wochenende, hier bin ich noch ein märchen im rückstand :)

Alexander Wallasch - 1. Feb, 19:44

Ja, das Märchen steht noch aus! Aber Heinrich wollte da noch eine Fortsetzung anfügen ;)))
Bernhard v. Guretzky - 1. Feb, 17:29

Das ist die persönliche Note, die seit einiger Zeit jedem und jedes angehaftet werden muss. Oder wie weiland Langhans beschwor, dass das Private politisch zu sein habe!

Bernhard v. Guretzky - 1. Feb, 17:29

Das ist die persönliche Note, die seit einiger Zeit jedem und jedes angehaftet werden muss. Oder wie weiland Langhans beschwor, dass das Private politisch zu sein habe!

LB - 1. Feb, 18:16

Im Nachrichtenkontext ist es einfach unpassend und nervt. Ein guter Nachrichtenvermittler nimmt sich selbst zurück und wahrt eine gewisse Distanz. Man kann dem ganzen durchaus eine persoenliche Note geben, sollte sich aber mit eigenem Emotionen zurückhalten. Sonst wird es schnell kitschig...
Alexander Wallasch - 1. Feb, 19:47

Ja, ja –ist ja was Wahres dran Bernhard, aber es geht nur in eine Richtung: Das Private – politisch. Nicht das Politische privat. Oder doch Herr Wulff?
LB - 1. Feb, 21:08

Geht in der Tat nur in die eine Richtung. Sonst wird Politik zum Boulevard. Die vielen Homestories mancher Politiker haben oft keinen Mehrwert ausser bunten Bildern. Durch die Abschirmung ihres Privatlebens bewahren sich Politiker eine gewisse Aura und verschaffen sich Respekt.
Alexander Wallasch - 2. Feb, 07:40

oder noch mehr idealistisch: Diese Parteisoldaten dürfen gar keines haben.;))

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