Sonntag, 20. November 2011

FRISCHES AUS ERFURT TEIL III

Was taugt DAS PARTEIPROGRAMM der Partei DIE LINKE wirklich?



Nach Teil II
http://wallasch.twoday.net/stories/frisches-aus-erfurt-teil-ii/

TEIL III :

–Programmpunkt IV „Linke Reformprojekte – Schritte gesellschaftlicher Umgestaltung“

Von guter Arbeit,schlechten Traditionen und warum die gute alte Arbeiterfamilie irgendwie „pfui“ ist.

Los geht’s hier südamerikanisch-pathetisch, politreligiös-linkstraditionell:

„Der Kampf für eine bessere Welt, für den demokratischen Sozialismus, beginnt mit der Veränderung der Gesellschaft, in der wir leben. DIE LINKE setzt sich für die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit, die friedliche Lösung von Konflikten und die Demokratisierung der Gesellschaft ein.“

Rainer Langhans lässt grüßen mit der ewigen Frage, was denn nun was beeinflusst, das Sein das Bewusstsein oder doch irgendwie andersherum.

Richtiggehend gesellschaftsphilosophisch wirds beim Unterpunkt „Gute Arbeit“:
„Menschliches Leben umfasst die physische, kulturelle und geistige Reproduktion und reicht damit weit über den Bereich der Erwerbs- und Lohnarbeit hinaus.“
Am 13.Juli 2011 hatte Klaus Ernst auf seiner Website über diesen Punkt geschrieben:
„Besonders intensiv diskutiert wurde das Verständnis von Arbeit unter heutigen und zukünftigen gesellschaftlichen Bedingungen.“
Im Programm folgt dann eine Definition von „Guter Arbeit“ im Gegensatz zu schlechter Arbeit: „Gute Arbeit fördert die eigenen Stärken, schöpft Potenziale und eröffnet Perspektiven zur persönlichen und beruflichen Verwirklichung.“

Und dann stellt man richtig fest:
„Erwerbsarbeit kann Quelle von Selbstverwirklichung sein, aber für viele beginnt Selbstverwirklichung außerhalb ihrer Arbeitsverhältnisse.“

Logisch. Denn die meisten Beschäftigten sind eben nicht selbstständig und arbeiten für andere. Da erkennt also auch DIE LINKE das Grundübel. Eine Idee allerdings, wie man den als Grundübel erkannten Egoismus abwenden kann, hin zur Arbeit für die Gemeinschaft, fehlt. Stattdessen folgen arbeitsrechtliche Forderungen: Gewerkschaften, Sozialversicherungen usw. Nur das macht Arbeit auch nicht viel schöner, nur den Geldbeutel etwas voller und dafür die Ödnis noch größer.

„Die privaten Banken sind für die Spekulationsblase der vergangenen Jahre und die entstandenen Milliardenverluste wesentlich verantwortlich. Private Banken müssen deshalb verstaatlicht (werden).“
Das klang bei Lafontaine 2011 im niedersächsischen Kommunalwahlkampf noch anders: „Im Umgang mit den Banken merken Sie sich nur 3-6-3. Die Banker sollen das Geld für 3% leihen, für 6% verleihen und um 3 Uhr zum Golfspielen gehen.“ Mit dem neuen Parteiprogramm ist auch das vorbei. Ende. Aus. Schluss. Golfspielen beginnt jetzt schon nach dem Frühstück.



Schmackige Kurzformeln von Lafontaine finden sich immer wieder im Programm. Und sie sind im linksvertrackten Sprachbild auch leicht identifizierbar. So zum Beispiel auf Seite 29:
„Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten.“
Das ist Saarland pur. Und das klingt, als hätte der gute Alte von der Saar ein ursprünglich dröges Papier nach Fertigstellung noch ein bisschen aufgepeppt. Und erhat ja recht getan. Es tut der Sache gut. Es liest sich halt flotter.

Leider haben aber auch andere was eingeschmuggelt. So hat die emanzipatorische Linke dem traditionellen Familienmodell „Vater, Mutter, Kinder“ unter dem Deckmantel des Feminismus den Kampf angesagt. Das ist natürlich gestrig, 68er und ignoriert dann eben auch eine Entwicklung, die auch den Linken aufgefallen sein sollte: Die Familie als traditionelles Lebensmodell erlebt eine Renaissance gerade in linken bildungsnahen Schichten.

Das hatte schon der Rücktritts-Bundespräsident Köhler in seiner Antrittsrede am 1. JUli 2004 festgestellt: "Ich habe das Gefühl, in unserer Gesellschaft entwickelt sich eine Renaissance der Familie." Diese Entwicklung müsse gefördert werden. "Ohne Kinder hat Deutschland keine Zukunft." Es müsse "als Land der Ideen vor allem ein Land für Kinder werden". Und das ist ja als Feststellung zunächst politisch linienfrei.

Dennoch heißt es im linken Parteiprogramm weiter: „...denn diese (Ehegattensplitting) fördert die traditionelle männlich dominierte Alleinverdienerehe und hemmt die Erwerbstätigkeit von Frauen. Andere Familienformen werden dadurch benachteiligt.“

Das ist schon allein deshalb albern, weil man Seiten zuvor ja bereits festgestellt hat, das Erwerbsarbeit heute großteils nicht „Gute Arbeit“ ist.

Die „Familie“ wird also zum Gesellschaftsmodell unter ferner liefen. Über die Alternativen steht nichts weiter. Und auch nichts über eine Aufwertung der Familien als politisches Bollwerk. Das ist dumm, denn hier hätte man punkten können. Aber zu tief sitzt die – immer noch positiv verortete Erfahrung „DDR“, in der Kinder ihren Familien entfremdet wurden und eine der höchsten Scheidungsraten Europas zu verzeichnen war. Ein Kinderglaube. Tief verankert.

So wie man also am Dogma „Internationale – Internationalismus“ festhält, macht dann auch die Familie als die kleinste Einheit der Nation keinen Sinn mehr. Halbherzig bemüht man dann noch das Kolorit der Regionalität, aber es klingt ein bisschen wie Plattdütschförderung in Niedersachen und dem sorbischen Sachsen durch die Europäische Gemeinschaft: Einfach nur niedlich.

Und es beißt sich dann ebenfalls mit solchen Forderungen: „Die Politik der Entstaatlichung, Liberalisierung und bedingungslosen Wettbewerbsorientierung ist rückgängig zu machen. Die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse wie Wohnen, Bildung und Gesundheit muss für jeden Menschen unabhängig von seinem Geldbeutel gewährleistet werden.“



Von der „Entstaatlichung“ zur "Verstaatlichung" – das bedeutet dann aber auch - maximal konsequent gedacht - die Auflösung der Familienstrukturen. Denn klar, Familie ist immer antistaatlich. Einflussresistent.

Da wird dann der Dauerkonflikt der Linken sichtbar: Heute weiß man, das Separatismus, Regionalität und traditionelle Familien antikapitalistisch sind. Mehr noch: Tradition an sich ist antikapitalistisch. Ein Novum in der Sozialgeschichte. Würde man das verstehen wäre man allerdings bei einem nationalen Sozialismus angekommen. Basierend auf Familie, Region, Nation. Womöglich obendrauf noch basierend auf einem Verständnis von „Volk“. Die Büchse der Pandora. Da beißt sich der antifaschistisch domestizierte Hund in den Wolfsschwanz.

Die Internationale ist heute das internationale Kapital. Eine Verbundenheit zwischen den „ausgebeuteten“ Arbeitern der Welt ist so gering wie nie. Nein, "Occupy Wall Street" ist keine Arbeiterbewegung.

Die Verbundenheit zwischen Banken und Banken, zwischen Banken und Regierungen, zwischen Banken und Weltorganisationen so stark wie nie.

Die einzig logische Antwort, nämlich die, dass man diesem kapitalistischen Internationalismus nur mit einer gestärkten Nationalstaatlichkeit begegnen kann, wird gedacht, aber nicht formuliert.

Stattdessen hält man an einer Stärkung des europäischen Gedankens fest, die jedem neoliberalen Parteiprogramm Ehre machen würde. So macht man ein vereintes, genormtes Europa zum Einfallstor für internationalen Kapitalverkehr, Finanztransaktionen und multinationale Konzerne. Ein Europa der im Verbund wehrhaften Nationalstaaten wird ersetzt durch ein Europa der Hilflosigkeit.

Einzig deshalb, weil man das Gespenst des Nationalismus fürchtet, wie der Teufel das Weihwasser. Das ist das Erbe des 20. Jahrhunderts. Die rote Rübe. Der linke Kinderglaube. Und als Feind erkennt man nicht die Herrenriegen in den Hochetagen, sondern man macht den traditionellen Familienverbund weiter zur Keimzelle des Bösen. Wer heute mehrsprachig und transsexuell ist, hat sich befreit. Wer fünf Kindern zeugt, Mundart redet, den Vater zur Arbeit schickt und Mutter zuhause die Kinder erziehen lässt – dem ist eigentlich kaum noch zu helfen.

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