Samstag, 30. Juni 2012

Schreck in der Morgenstunde - Hausdurchsuchung von RA HEINRICH SCHMITZ

von RA Heinrich Schmitz


http://media.de.indymedia.org/images/2004/04/80743.jpg


Wenn es im Sommer kurz nach 4 Uhr an ihrer Haustür klingelt, ist das in der Regel nicht der Fleurop-Bote, der ihnen einen bunten Blumengruß
bescheren will. In 99 von 100 Fällen ist es die Polizei. Entweder um ihnen eine schlechte Nachricht zu überbringen, ein besoffenes Kind, was noch die beste Alternative wäre, oder um sich einmal ausführlich in ihrer Wohnung umzusehen.

Sie öffnen noch völlig verschlafen, erst die Augen und dann die Wohnungstür und wundern sich über den Verein, der da Einlass verlangt.

Mal mit, mal ohne "Guten Morgen" - was für eine Häme, so oder so - drängeln sich 5,6,7 oder noch mehr Uniformierte an Ihnen vorbei und teilen ihnen mit, dass Ihre Wohnung jetzt durchsucht wird.

Sie sind vollkommen perplex und fragen sich, ob das alles so richtig ist, ob es zwingend nötig war, ihren Hund zu erschiessen oder, weil sie
nicht flink genug an der Tür waren, das Schloss aufzubrechen, haben 200 Blutdruck und verstehen die Welt nicht mehr. Es sei denn - natürlich -
sie wären ein abgewichster Berufsverbrecher, in dessen Wohnung die sowieso nichts finden und der das frühe Wecken dazu nutzt, erst mal in Ruhe einen Espresso zu trinken.

Wenn Sie das aber nicht sind, geht Ihnen erst mal die Pumpe, falls die nicht sofort stehn bleibt.

Die wenigsten von uns haben so eine Situation schon einmal in der eigenen Wohnung erlebt und alleine die Vorstellung macht uns Sorgen. My
home is my castle, jaja, Art. 13 GG, im Prinzip schon. Aber wenn eine Haus- oder Wohnungsdurchsuchung durchgeführt wird, nützt das auch nichts.

In der letzten Zeit werden solche Hausdurchsuchungen häufig auch durchgeführt, um sogenannte Internetkriminelle zu überführen. Das sind brandgefährliche Leute, oft Jugendliche oder Heranwachsende, die sich z.B. an einem Internetangriff auf die GEMA beteiligt haben. Man könnte sagen, ein click ins Glück. Papa im Schlafanzug an der Haustüre, Mama ihre Blöße mit einem Kissen bedeckend, der 15-jährige Sohn wohlig schlafend im Jugendzimmer , und die Bude voll mit Polizeibeamten, die Beweismittel sichern wollen.

Ja dürfen die das denn ? werden sie sich fragen.


http://insectz.de/wp-content/uploads/2010/05/haus_durchsuchung2.jpg

Wenn sie einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss haben spricht
zunächst mal einiges dafür, dass die das dürfen. Jedenfalls werden Sie nichts bewirken, wenn Sie jetzt versuchen mal freundlich oder zornig mit
den Jungs zu diskutieren. Es ist nicht Sache der Polizisten, die Rechtmäßigkeit des Durchsuchungsbeschlusses zu prüfen. Das kann man
später noch mit seinem Anwalt besprechen.

Den können Sie jetzt übrigens zu erreichen versuchen, was um die Zeit nicht leicht sein dürfte. Ob die deshalb gerne so früh kommen ? Ach
nein, die wollen nur, dass Sie sich wegen des Besuchs nicht in Ihrem Tagesablauf gestört fühlen, oder ?

Was machen Sie jetzt ? Am besten gar nichts. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss vom Einsatzleiter zeigen und eine Durchschrift
geben. Da können Sie wenigstens schon mal sehen, warum die bei Ihnen aufgetaucht sind, wonach gesucht wird. Was anderes dürfen die nämlich
gar nicht. Suchen und wenn sie was gefunden haben beschlagnahmen.

Aber alles fein aufschreiben. Falls die was finden, was sie gar nicht gesucht haben, also einen Zufallsfund machen, ist das auch blöde. Wenn der Sohnemann also neben seiner GEMA-Attacke noch eine Marihuanaplantage in Ihrem Keller eingerichtet hat, ist das Künstlerpech. Das kann dann auch beschlagnahmt werden.

Eines sollten Sie jedenfalls nicht tun - mit den Polizisten reden. Alles was Sie denen erzählen kommt irgendwann als Bumerang zurück. Also machen
Sie, was Ihnen Ihrer Mama beigebracht hat, sprechen Sie nicht mit fremden Männern ( falls Frauen dabei sind, natürlich auch nicht mit denen ).


Die Durchsuchung dient folgenden Zwecken:

1.

der Ergreifung eines Täters oder Teilnehmers einer Straftat
(Ergreifungsdurchsuchung)

2.

der Auffindung von Beweismitteln(Ermittlungsdurchsuchung)

3.

der Beschlagnahme von Verfalls- oder Einziehungsgegenständen

Es kann die Wohnung eines Tatverdächtigen aber auch die von anderen Personen durchsucht werden. Damit eine Durchsuchung zulässig ist, braucht es einen konkretisierten Anfangsverdacht , d.h. hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte, dass eine bestimmte Straftat verübt wurde und aufgrund kriminalistischer Erfahrung die Vermutung besteht, dass der Zweck der Durchsuchung erreicht werden kann.( weiterführendes z.B. bei
http://de.wikipedia.org/wiki/Durchsuchung_%28Recht%29)


http://www.flensburg-online.de/grafik/us-army-hausdurchsuchung-al-jazeera-desert.jpg

Das ist weniger, als ein hinreichender Tatverdacht. Immerhin brauchen Sie keine Angst zu
haben, dass die außer Ihrem Hausrat auch noch sie selbst mitnehmen, denn, wenn es für einen Haftbefehl reichen würde, bräuchten die
Ermittlungsbehörden ja gar nicht erst noch bei Ihnen nach Beweisen zu suchen.

Wenn im Zusammenhang mit insgesamt 106 Hausdurchsuchungen die Stellungnahme »Wir wollten deutlich machen, dass dieses Verhalten
strafbar ist«, sagt der Sprecher der leitenden Oberstaatsanwaltschaft Frankfurt" , zitiert in der Zeit (http://www.zeit.de/2012/26/Anonymous),
zutreffend sein sollte, können einem allerdings erhebliche Zweifel daran kommen, ob es hier nur um das Auffinden von Beweismaterial gegangen ist.

Es ist weder Sinn noch Zweck von Hausdurchsuchungen irgendet was "deutlich zu machen", noch Leute in Angst und Schrecken zu versetzen. Sollte dies tatsächlich der Hintergrund der Hausbesuche gewesen sein,
wären dies höchst sachfremde Erwägungen. Hausdurchsuchungen sind ein notwendiges Übel im Ermittlungsverfahren und unverzichtbar. Sie
unterliegen aber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und sind keine staatliche Abschreckungswaffe.

Wenn Sie trotz allem einmal Beteiligter einer Hausdurchsuchung werden sollten, beherzigen sie den weisen Spruch von Mahatma Gahndi:

"Wenn du im Recht bist, kannst du dir leisten,
die Ruhe zu bewahren; Und wenn du im Unrecht bist, kannst du dir nicht leisten, sie zu verlieren."

Machen Sie es wie oben beschrieben, trinken Sie einen Espresso, lesen Sie die Zeitung, unterhalten Sie sich mit niemandem und warten Sie
geduldig bis Sie das hinterlassene Chaos wieder aufräumen dürfen. Spätestens nach dem Frühstück sollten Sie dann Kontakt zu einem Strafverteidiger aufnehmen können. Und den machen lassen.

Von RA Heinrich Schmitz

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