Dienstag, 19. Februar 2013

Schöffen - Rechtsprechung im Namen des Volkes ? - von RA Heinrich Schmitz


http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2010/30349706_kw26_sp_gerichtsverfassung/Schoeffen_gross.jpg

von RA Heinrich Schmitz

Stellen Sie sich vor, Sie müssten zu einer Operation ins Krankenhaus. Zur Voruntersuchung erscheinen neben dem Anästhesisten und dem Operateur zwei weitere Menschen an Ihrem Bett, ein Rentner und eine Hausfrau. Sie schauen etwas verwundert. Aber diese beiden beraten ganz ernsthaft mit dem Chirurgen über die Notwendigkeit und die Durchführung der Operation.

Plötzlich kommt es zu einer
Meinungsverschiedenheit und einer Abstimmung. Die Hausfrau und der Rentner überstimmen den Facharzt, so dass dieser tun muss, was die Laien meinen.

Absurd ? Sollte man meinen.

Aber genau dasselbe kann passieren, wenn Sie wegen einer Straftat angeklagt werden. Außer beim Einzelrichter am Amtsgericht sitzen Ihnen
immer zwei Laien gegenüber, die über Ihre Schuld oder Unschuld, über Geld- oder Freiheitsstrafe , über Bewährung oder Knast mitentscheiden.
Laien, die weder Jura studiert, noch sonst irgendetwas gelernt haben müssen.

Ehrenamtliche Richter, Schöffen.

Beim Schöffengericht sitzen zwei von ihnen gemeinsam mit einem Berufsrichter über Sie zu Gericht, d.h. die können den Fachmann locker
überstimmen. Naja, werden Sie vielleicht sagen, ist ja nicht so schlimm - wenn das Urteil falsch sein sollte, kann ich doch in Berufung gehen.
Ist ja schließlich ein Rechtsstaat. Rechtsmittel und so.

Ja stimmt. Aber wundern Sie sich dann bitte nicht, wenn in der Berufungsinstanz plötzlich wieder - in einer sogenannten kleinen Strafkammer - ein Berufsrichter und zwei Schöffen vor Ihnen sitzen.

Klingt seltsam, ist aber so.

Nur bei der großen Strafkammer haben Sie immerhin mit 3 Berufsrichtern auf 2 Schöffen zu tun. Nur da sind die Fachleute in der Mehrheit.
Ansonsten Laienmehrheit.

Auf der Suche nach der Begründung für diesen auf den ersten Blick recht unheimlichen Umstand stößt man auf folgende Begründungen:

"Die Beteiligung ehrenamtlicher Richter hat in Deutschland eine lange Tradition und ist trotz mehrerer Änderungen von Strafprozessordnung und
Gerichtsverfassungsgesetz nie ernsthaft in Frage gestellt worden.

Für die Beteiligung von Schöffen in der Strafrechtspflege sprechen vor allem
folgende Punkte:

- Repräsentative Teilnahme des Volkes an der Rechtsprechung.

- Erhaltung und Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in die Rechtsprechung durch Teilnahme hieran.

- Besserung der Rechtskenntnisse des Volkes und seines Verständnisses der Rechtsprechung und der dabei auftretenden Probleme. Denn wenn man
einen Angeklagten unmittelbar vor sich hat und seine Tat unter Berücksichtigung der konkreten Situation und seiner gesamten Lebensgeschichte beurteilen muss, versteht man manchmal ein Urteil, dass in den Medien als Milde bewertet wird, viel besser.



http://www.ebendie.de/images/dsc0249.jpg


- Einbringen des "gesunden Menschenverstandes" in die Urteilsfindung.

- Notwendigkeit für die Berufsrichter, die eigenen - juristisch geprägten - Wertungen in eine allgemein verständliche Form zu bringen.

- Erweiterung des Informationsstandes der Berufsrichter durch Sachkunde und Lebenserfahrung der Schöffen."
(Quelle:
http://www.lg-aachen.nrw.de/service/informationen/schoeffen/index.php )


Aha, lange Tradition, das haben wir schon immer so gemacht. Kein wirkliches Argument. Was haben wir nicht alles schon an Traditionen abgeschafft. Nur weil man etwas schon immer gemacht hat, muss man das ja nicht immer weiter so machen. Das hat sogar Papst Benedikt erkannt und hat seinen Rücktritt angekündigt, obwohl die Tradition ja verlangt hätte, dass er sich gefälligst bis zum Tode mit der Bürde seines Amtes rumquält.

Wir haben auch traditionell in der Kneipe geraucht, jetzt stehen wir vor der Kneipe in Regen und Schnee, wir Raucher. Traditionen
bedeuten erst mal nur, dass man etwas lange macht, aber nicht dass er auch noch sinnvoll ist.

Und die anderen Argumente ?

Repräsentative Teilnahme des Volkes an der Rechtsprechung, Erhaltung und Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in die Rechtsprechung durch Teilnahme hieran. Da habe ich schon ganz große Zweifel. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Qualität der Strafjustiz scheint nicht das größte zu sein. Dafür dass das nicht so ist sorgt ja schon die BILD regelmäßig. Stichwort Kuscheljustiz.

Und dass die Schöffen das Volk repräsentieren, ist auch nicht gewährleistet.

Schon die Auswahl der Schöffen ist nicht gerade ein Musterbeispiel für eine demokratische Wahl.

Die Anzahl der Schöffen wird zunächst durch den Präsidenten des Landgerichts bestimmt. Aufgrund dieser Vorgabe werden von den Gemeinden
Vorschlagslisten erstellt, die doppelt so viele Vorschläge enthalten müssen, wie Schöffen gebraucht werden. Auf diese Vorschlagslisten kommen erst mal die Bürger, die sich ganz bewusst für das Schöffenamt bei der Gemeinde bewerben.

Warum sie das tun, bleibt dabei offen. Es gab zum
Beispiel einen Aufruf der NPD sich auf die Listen setzen zu lassen, um auf diese Weise die Rechtsprechung zu beeinflussen. Es gibt aber auch
Leute, die sonst keine richtige Beschäftigung (mehr) haben. Und natürlich gibt es auch engagierte Bürger, die etwas für ihr Land tun wollen.

Aus den Vorschlagslisten wählt ein Wahlausschuss die Schöffen. Dieser Ausschuss besteht aus einem Richter des Amtsgerichts, einem sogenannten
Verwaltungsbeamten sowie sieben Vertrauensleuten .

Diese Vertrauensleute werden von den Vertretungen der Kreise gewählt. Der Ausschuss wählt die
Schöffen für das Schöffengericht des Amtsgerichts und für die Strafkammern des Landgerichts.Bei der Wahl soll darauf geachtet werden, dass alle Gruppen der Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung angemessen berücksichtigt werden.

Ob das so richtig klappt darf ebenfalls bezweifelt werden. Während immerhin die Verteilung auf Männer und Frauen eingermaßen zu
funktionieren scheint, sind jedenfalls nach meiner persönlichen Beobachtung ziemlich wenige Selbständige, Arbeitnehmer, Menschen mit
Migrationshintergrund, Schwarze, Schwule, Lesben und Personen unter 40 Jahren unter den robenlosen Richtern zu finden.

Die Verteilung von Alter und Beruf kann seit einigen Jahren eh nicht mehr kontrolliert werden,
weil die Statistik im Jahre 1998 einfach eingestellt wurde.


http://www.pm-magazin.de/sites/www.pm-magazin.de/files/imagecache/lightbox/images/Seufzerbruecke.JPG


Die Besserung der Rechtskenntnisse des Volkes und seines Verständnisses der Rechtsprechung können keine wirkliche Begründung für das Schöffenwesen darstellen.Da wäre das von mir seit Jahren geforderte Schulfach "Rechtskunde" über die bisherigen popeligen Arbeitsgemeinschaften hinaus wesentlich effektiver.

Aber diese intensive Besserung der Rechtskenntnisse der Bevölkerung will der Staat offenbar gar nicht so richtig haben. Die rechtskundigen Bürger könnten ja auf die
Idee kommen, ihre Rechtskenntnisse dann auch in die Tat umzusetzen.

Aber Fortbildung als Rechtfertigung für die Beteiligung von Laien an der tatsächlichen Rechtsprechung - also sozusagen learning by doing - , dass würde auch als Argument für die Laienoperateure im Krankenhaus nicht greifen, auch wenn diese dann mehr Verständnis für ärztliche Kunstfehler entwickeln würden.

Das beliebte Argument "Einbringen des "gesunden Menschenverstandes" in die Urteilsfindung" ist mir aus zwei Gründen suspekt. Zum einen
unterstellt es den Volljuristen ohne nachvollziehbaren Grund eine "kranken" Menschenverstand, zum anderen bewegt sich der "gesunde Menschenverstand" manchmal verdammt nah am "gesunden Volksempfinden", das sich in der Vergangenheit häufig als ganz ungesund erwiesen hat.

Man erinnere sich zum Beispiel an den Emden-Mob und ähnliche Aufwallungen der Volksseele.

Auch das Argument der durch Schöffen erzeugten Notwendigkeit für die Berufsrichter, die eigenen - juristisch geprägten -- Wertungen in eine
allgemein verständliche Form zu bringen, hat offenbar in der Vergangenheit wenig Gewinn gebracht.

Dass Urteilsbegründungen von Schöffen- oder Berufungsgerichten allgemeinverständlicher wären als die des Einzelrichters, ist mir jedenfalls noch nie aufgefallen. Es gibt Richter, die sich verständlich und solche, die sich unverständlich
ausdrücken. Daran ändert auch ein Schöffe nichts.

Auch das letzte Argument für die Schöffen, dass sie einer Erweiterung des Informationsstandes der Berufsrichter durch Sachkunde und Lebenserfahrung dienen, ist nicht überzeugend. Benötigt der Richter mangels eigener Sachkunde jemanden, der ihn bezüglich eines Themas schlau macht, dann kann und sollte er einen Sachverständigen befragen.

Woher soll der Richter denn wissen, ob das Wissen, dass der Schöffe ihm vermitteln will, auf dem neuesten Stand ist ? Was soll das bringen, wenn der Schöffe seine "Lebenserfahrung" einbringt ?

Nicht, dass ich das teilweise bewundernswerte Engagement von manchen Schöffen nicht zu würdigen wüßte. Es gibt sogar Schöffen, die in der
Hauptverhandlung den Mut aufbringen, eigene Fragen zu stellen. Manchmal allerdings auch Fragen, mit denen sie sich wegen Befangenheit gleich aus dem Verfahren schießen, wie zum Beispiel,

"Warum gestehen Sie nicht endlich, wir wissen doch, dass sie schuldig sind ?". Die Schöffen können nichts dafür, sie sind ja Laien.

Aber nochmal, möchten Sie von einem Laien operiert werden ?

von RA Heinrich Schmitz

Mittwoch, 6. Februar 2013

Der Lohmann-Effekt ? - So talkt man gnadenlos die Kirche leer. von RA HEINRICH SCHMITZ


http://www.express.de/image/view/2013/1/5/21649262,17778399,highRes,ri5s2yof.bmp.jpg

von RA Heinrich Schmitz

Bis letzten Sonntag sagte mir der Name Martin Lohmann gar nichts. Er saß zwar schon mal in diversen Talkshows rum, hatte es aber nicht in mein Langzeitgedächtnis geschafft. Bei seinem K-TV hatte ich zwar schon mal reingeswitched, aber das Programm des Senders lud nicht unbedingt zum
längeren Anschauen ein. Es hatte für mich was von Sekten-TV.

Nach dem Tatort versuchte ich noch einmal mir die Jauchshow anzusehen, was ich nach einigen aus meiner Sicht missglückten Versuchen wochenlang
gemieden hatte. Und seit diesem Zeitpunkt kenne nicht nur ich ihn - Martin Lohmann, Chefredakteur von K(ephas)-TV, Bundesvorsitzender des Bundesverbands Lebensrecht, Mitglied des Ritterordens vom heiligen Grab zu Jerusalem, Examen in Geschichte und Theologie.

Nach eigenen Angaben war er in die Sendung mit dem Thema *"In Gottes Namen -- wie gnadenlos ist der Konzern Kirche?"*eingeladen worden, "um
die Position der katholischen Kirche" darzustellen. Als Mitglied dieser Kirche fand ich das durchaus interessant.

Erstes Diskussionsthema war der Umstand, dass zwei katholische Kölner Krankenhäuser einer Frau, die nach Verabreichung von K.O.-Tropfen
vermutlich vergewaltigt worden war, die Behandlung und anonyme Spurensicherung verweigert hatten. Die diensthabenden Ärzte sollten die
Behandlung abgelehnt haben, weil diese dann zwangsläufig auch die Beratung über einen Schwangerschaftsabbruch beinhaltet hätte, den die
katholische Kirche bekanntlich grundsätzlich ablehnt.


Da bereits die Notärztin der Patientin ein Rezept über die sogenannte Pille danach ausgestellt hatte, wären die Ärzte zwar gar nicht in die
Verlegenheit gekommen dies tun zu müssen. Es ging nur um die Behandlung der Frau und die Sicherung der Spuren, die später einmal den Täter hätten überführen können. Aber, sie lehnten nun mal ab.Shit happens.

Nachdem dieser Vorfall in der Öffentlichkeit einiges Interesse geweckt hatte - und dieses Verhalten nicht nur auf Seiten notorischer,
bösartiger Kirchenhasser, sondern auch unter gläubigen katholischen Christen auf reichliches Unverständnis gestoßen war - entschuldigte sich
der Kölner Kardinal Meisner am 22.1.2013 mit folgenden Worten:

"Was im Dezember des vergangenen Jahres einer jungen Frau in zwei katholischen Krankenhäusern widerfuhr, hätte nie geschehen dürfen: Sie
suchte Hilfe in großer Not und fand keine Aufnahme. Dieser Vorgang beschämt uns zutiefst, denn er widerspricht unserem christlichen Auftrag
und Selbstverständnis. Es gab und gibt auch keine kirchliche Anweisung, Vergewaltigungsopfer anders zu behandeln oder gar abzuweisen. Deshalb muss jetzt genau erforscht werden, was dazu führte, diese Frau nicht aufzunehmen. So etwas darf sich auf keinen Fall wiederholen. "

Wahnsinn. Der im Kölner Karneval auch gerne als "Kanalmeister" verspottete Erzbischof hatte sich entschuldigt. Das alleine war schon eine Sensation. Ich glaube, es war das erste Mal, wo ich von ganzem Herzen einen tief empfundenen Respekt für den ansonsten für seine eher
eherne Haltung bekannten Erzbischof von Köln empfand. Das war christlich.Das war cool. Das war richtig.

Dieser Respekt steigerte sich noch, als der Kardinal - immerhin ein enger Vertrauter des Papstes - am Donnerstag, dem 31.1.2013, folgende
Erklärung abgab:

"Aus gegebenem Anlass habe ich mich mit Fachleuten über die Frage der Verordnung der so genannten "Pille danach" beraten. Dabei wurde
deutlich, dass darunter unterschiedliche Präparate mit unterschiedli chen Wirkprinzipien zu verstehen sind, deren Wirkungen und
Nebenwirkungen sich in der wissenschaftlichen Diskussion immer weiter klären. Daraus ergeben sich ethische Konsequenzen.


http://images.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-01/pille-danach/pille-danach-540x304.jpg

Wenn nach einer Vergewaltigung ein Präparat, dessen Wirkprinzip die Verhinderung einer Zeugung ist, mit der Absicht eingesetzt wird, die
Befruchtung zu verhindern, dann ist dies aus meiner Sicht vertretbar.

Wenn ein Präparat, dessen Wirkprinzip die Nidationshemmung ist, mit der Absicht eingesetzt wird, die Einnistung der bereits befruchteten Eizelle zu verhindern, ist das nach wie vor nicht vertretbar, weil damit der befruchteten Eizelle, der der Schutz der Menschenwürde zukommt, die
Lebensgrundlage aktiv entzogen wird. Dass das Abgehen befruchteter Eizellen auch ganz natürlicherweise ohne menschliches Zutun geschieht, berechtigt einen Menschen nicht dazu, diesen natürlichen Vorgang aktiv zu imitieren. Denn die Beendigung eines Menschenlebens durch die Natur nennt man ein Naturereignis. Dessen absichtliche Imitation nennt man Tötung.

Die Ärzte in katholischen Einrichtungen sind aufgefordert, sich rückhaltlos der Not vergewaltigter Frauen anzunehmen und sich dabei
unter Berücksichtigung des neusten Stands der medizinischen Wissenschaft in ihrem ärztlichen Handeln an den oben genannten Prinzipien
auszurichten. Darüber hinaus ist nichts dagegen einzuwenden, dass sie in diesem Fall auch über Methoden, die nach katholischer Auffassung nicht
vertretbar sind, und über deren Zugänglichkeit aufklären, wenn sie dabei, ohne irgendwelchen Druck auszuüben, auf angemessene Weise auch
die katholische Position mit Argumenten erläutern. In jedem Fall muss in katholischen Einrichtungen die Hilfe für vergewaltigte Frauen aber natürlich weit über die Erörterung solcher Fragen hinaus gehen.

Köln, 31. Januar 2013

Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln" (Quelle:
http://www.erzbistum-koeln.de/modules/news/news_1318.html )"

Das war ein deutliches Signal der christlichen Nächstenliebe und eine klare Erklärung dazu, dass im Falle einer Vergewaltigung an erster
Stelle die rückhaltlose Hilfe für das Opfer steht und dieses auch über die Methoden aufzuklären ist, die nach katholischer Auffassung (
grundsätzlich ) nicht vertretbar sind. Das ist Seelsorge, das ist mehr, als man erwartet hatte. Das ist im besten Sinne rheinisch-katholisch in
der Tradition des immer noch verehrten Kardinal Frings, auf den der Begriff des fringsens zurück geht.

Diese Position, die auch die Verabreichung der Pille danach in erster Linie aufgrund der damit verbundenen Absicht, die Zeugung zu verhindern,
toleriert und eine unabsichtliche abtreibende (Neben-)wirkung hinnimmt, war im Bereich der katholischen Kirche einzigartig und auch geeignet, ihr verlorene Sympathien zurückzubringen. Alleine im Januar 2013 hatte
sich die Zahl der Kirchenaustritte in Köln gegenüber dem Vorjahr knapp verdoppelt.

Und dann kam Lohmann - und kritisierte erst einmal Kardinal Meisner:

Der habe von einem Präparat gesprochen, das es gar nicht gäbe. Er solle klarstellen, was er gemeint habe. Ach, ist ja spannend, dachte ich. Ein einfaches Mitglied der katholischen Kirche, zwar mit Theologiestudium aber weder als Priester geweiht noch mit irgendeiner mir bekannten
Lehrerlaubnis ausgestattet, erklärt dem Kardinal, dass der sich in der Auslegung des Wortes Gottes gefälligst an ihm bzw. dem was er für die
richtige katholische Lehre hält orientiert ? Super(Loh)mann ! Hammer, so, wie wenn ein lustiger Musikant Miles Davis erklären würde, dass er da ein paar falsche Töne gespielt hat.

Lohmanns Meinung ,""Die Lehre, dass man nicht töten darf, gilt immer." gilt in dieser gnadenlosen Form eben nicht immer. Natürlich kennt auch die Kirche das Notwehrrecht und natürlich hat sie auch das Töten innerhalb eines "gerechten" Krieges in ihrem Katechismus im "Rahmen einer sittlich erlaubten Verteidigung" akzeptiert.

Es gibt also durchaus Situationen, wo auch die Kirche das Töten von Menschen ( und zwar auch bereits geborenen ) zwar bedauert, es aber
realistischer Weise nicht als Unrecht oder Sünde darstellt.

Natürlich begründet die durch eine Vergewaltigung begründete Schwangerschaft keine Notwehrlage, schon weil die befruchtete Eizelle selbst nicht in der Lage ist, einen gegenwärtigen Angriff auf die Mutter zu starten. Auch wenn man, wie eine glühende Lohmann-Anhängerin meint,der Auffassung ist, bereits die befruchtete Eizelle unterscheide
sich von mir nur unwesentlich, wird niemand annehmen, eine Eizelle könne einen vorsätzlichen Angriff auf den Mutterleib starten. Das hatte ja
schon der Vergewaltiger erfolgreich erledigt und der ist ja jetzt weg. Aber auch ein unschuldiges und schuldunfähiges Wesen kann eine Situation
herbeiführen, die seine Tötung, wenn vielleicht nicht erforderlich, aber doch entschuldbar macht.

Im deutschen Strafgesetzbuch ist das in § 35 StGB als Notstand geregelt:

"Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von
sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld."

Man erkennt also an, dass ein Unrecht geschieht, aber man nimmt dem Täter die Schuld, weil man anerkennt, dass er in einer üblen Situation
ist. Eine gute Lösung für existenzielle Probleme.


http://freieliteratur.wordpress.com/2012/02/14/verbrechen-der-roten-armee-und-geschichtsfalschung-in-der-nachkriegszeit/

Dass eine Schwangerschaft auch eine Gefahr für den Leib, insbesondere aber für die Freiheit der Zwangsmutter darstellt, kann man nicht
bestreiten. Es hängt wesentlich von der Persönlichkeit der vergewaltigten Frau ab, ob sie diese Schwangerschaft körperlich und
psychisch ohne bleibende Schäden überlebt. Und ob sie sich dafür freiwillig entscheidet, was aller Ehren wert ist, oder ob sie dazu und sei es nur moralisch gezwungen wird. Von einem streng- oder irrgläubigen Vater zum Beispiel.

Auch wenn Herr Lohmann die Frage, wie er persönlich reagieren würde, wenn seine 14-jährige Tochter oder seine Frau vergewaltigt würden, als
übergriffig empfand, sie war durchaus berechtigt.

Welche Eltern würden z.B. von ihrer 12-jährigen Tochter, die von einem Vergewaltiger geschwängert wurde, ernsthaft verlangen, dieses Kind des
Hasses und der Gewalt und nicht der Liebe, austragen zu müssen ? Solche Leute sähe ich mal gerne, nebst ihren Kindern.

Welche medizinischen Komplikationen könnte so ein Kind aushalten? Welche psychischen ? Da können strenggläubig bewegte gerne davon reden,
jeder habe sein Päckchen zu tragen, mein Kind müsste dieses Päckchen nicht tragen. Da würde ich mich für das Wohl meines Kindes entscheiden, wie Eltern das ja müssen und in aller Regel auch wollen.

Das Lohmann-Argument, mit der Befruchtung gehe es eben nicht mehr nur um das Leben der Mutter, sondern auch um das eines ( ich vermute mal er
meint gottgewollten) weiteren Menschen, und deshalb sei die Entscheidungsfreiheit der Frau "vielschichtig", führt zu weiteren Fragen:

Wenn die Frau, oder in meinem Beispiel für das minderjährige Mädchen dessen Eltern, diese Frage nicht entscheiden können sollen, weil sie ja
selbst als Betroffene egoistisch entscheiden könnten, ja wer soll das den dann entscheiden ? Ein Krankenhausarzt, der das Opfer gar nicht
kennt, ein gerichtlich bestellter Vormund oder Betreuer, der das Opfer gar nicht kennt, oder ein Vertreter der katholischen Kirche, der das Opfer gar nicht kennt ? Oder soll diese Entscheidung gar nicht im Einzelfall getroffen werden, unter Berücksichtigung der Belange der Zwangsmutter , sondern rigoros nach der Lohmannschen Formel ?

Der Schutz des Lebens ist eine ganz wichtige Sache und es wäre schön, wenn es keine Vergewaltigungen, keine Kriege und keine Todesstrafe gäbe. Die gibt es aber. Die sind tagtägliche Realität, weil "der Friede des Herrn" eben nicht auf Erden herrscht. Idealvorstellungen helfen da keine Deut weiter.

Eine Kirche, deren größtes, alles andere überstrahlendes Gebot die Nächstenliebe, gar die Feindesliebe ist, steht auch in der Verantwortung
für die Opfer von Gewalttaten - wie der Kardinal sagt, rückhaltlos. Wenn sie Krankenhäuser betreibt auch medizinisch.

Wenn ich in einem, eine heftige Diskussion auslösenden facebook-Posting vor der Lanz-Sendung, wo Lohmann erneut eingeladen war , folgendes geschrieben habe:

" "Kathatollah" Lohmann geht mit seinem provokanten Einmannstück "Pillepalle danach " auf Talkshowtournee. Heute bei Lanz. Gut bei
niedrigem Blutdruck."

dann sollte das verschiedene Dinge zum Ausdruck bringen.


http://ais.badische-zeitung.de/piece/02/cb/a3/c5/46900165.jpg

Der von mir kreierte Begriff "Kathatollah", ist erkennbar angelehnt an den islamischen Ajatollah. Ein Ajatollah hat im Regelfall jahrzehntelange theologische Studien an einer Universität absolviert. Das hat Lohman auch, wenn auch nicht jahrzehntelang. Ein Ajatollah kann Rechtsgutachten, sogenannte Fatwas ausstellen und damit religiöse Rechtsfragen verbindlich klären. Das kann Lohmann nicht. Innerhalb der
katholischen Kirche gibt es - gottlob - eben keine Ajatollahs. Er tritt aber so auf als könne er das, als könne er über einen Kardinal urteilen
und dessen Äußerung theologisch "überstimmen". Als Ritter der reinen Lehre, auch gegen die Kirche. Echt ein demütiger Diener des Herrn.

"Pillepalle danach " , also völlig überflüssiges, überholtes Geschwafel, bezieht sich darauf, dass der Kölner Erzbischof zu dem die Diskussion
auslösenden Thema bereits alles gesagt hatte, was von Seiten der Kirche zu sagen war und es schon ein dreistes Stück von Lohmann ist, als
Quasikirchenvertreter durch die Talkshows zu ziehen und zu versuchen, diese Position zu torpedieren.

Dieser Mann darf seine Meinung äußern, wie jeder andere Christ oder Nichtchrist auch, aber er muss sich dann auch gefallen lassen, dass diese Meinung einfach als abweichende Meinung eines Privatmannes behandelt wird und nicht als etwas, dass der katholischen Kirche zuzurechnen wäre. Nichts wofür die Kirche sich rechtfertigen oder womit sie sich identifizieren müsste.

Das Erzbistum Köln hat durch seine Sprecherin Nele Harbeke zu Lohmanns Auftritt bei Jauch erklärt: "Er war weder vom Erzbistum beauftragt noch hat er in seinem Namen gesprochen." Das kann man gar nicht oft genug wiederholen, bevor noch mehr ungläubig staunende Gläubige meinen, sie
müssten die Kirche verlasse, weil diese Meister Gnadenlos die Position der Kirche vertrete. Tut er nicht.

Andere Bistümer haben sich der Kölner Erklärung angeschlossen. Innerkirchlich ist das Thema also geregelt. Es gibt deshalb keinen Grund, Herrn Lohmann eine weitere Bühne dafür zu geben, gläubige Katholiken aus der Kirche zu treiben.

Denn das ist das einzige, was er mit seiner , den Opfern von Vergewaltigungen gegenüber zynischen Art, erreicht.

Herr Lohmann sollte nicht als offizieller oder halboffizieller "Kirchensprecher" annonciert werden, sondern als das was er tatsächlich ist.

Als Pro-Leben-Aktivist, als Kephas-TV-Chefredakteur, als Vorsitzender des Bundesverbands Lebensrecht, als Erstunterzeichner des /Manifest gegen den Linkstrend/ der "Aktion Linkstrend stoppen", als Mitstreiter des Forums Deutscher Katholiken, die sich als Gegenpol zum von den Bischöfen unterstützten Zentralkomittee der deutschen Katholiken (ZdK) ins Leben gerufen wurden.

Oder einfach als selbstgerechter,selbstverliebter Selbstdarsteller ohne kirchliches Mandat - auf eigene Kasse.

von RA Heinrich Schmitz

Sonntag, 3. Februar 2013

Augstein und Brüderle - Zwillinge für die WELT


http://www.welt.de/img/kommentare/crop113220655/858872674-ci3x2l-w620/Kombo.jpg

Alan Posener in der WELT:
http://www.welt.de/debatte/kommentare/article113220656/Bruederle-Augstein-und-der-eigentliche-Skandal.html?

Man, was für eine Schmiererei von einem frustrierten Alt-"Journalisten".

Warum solchen Typen wie dem Posener noch eine öffentliche Plattform gegeben wird: absolut schleierhaft.

Und wer sich nun an seine eigene Anti-Augstein-Pro-Broder-Schreibe erinnert, der sieht hier, wo es hinführt:

Knietief in die Kotze.

Diese Posener-Votzigkeit gepaart mit einem Trittin'schen Menschenbild - das will der Mensch von morgen sein.
Aber noch ist es gottseidank nicht so weit.

Posener findet, das

"wirklich Empörende und Beschämende in beiden Fällen ist, dass keine Entschuldigung und damit keine Einsicht erfolgte."

Wer diese beiden Fälle mischt, der schreckt vor nichts mehr zurück. Reinste DDR. Kniefall vor dem Schwachsinn. Kranke Denke. Geistige Bankrott-Erklärung.

Es ist eklig, aber man soll sich dennoch mal den Unsinn dieses einen - beinahe wahllos herausgefilterten Satzes diesen unredlichen Textes auf der Zunge zergehen lassen:

"Gerade die Tatsache, dass in weiten Teilen der Gesellschaft und der Medien der antisemitische Charakter der Äußerungen Augsteins nicht erkannt wurde, war Gradmesser des Problems. Umgekehrt zeigt das Ausmaß der "Aufschrei"-Bewegung, dass wir ein Problem mit dem Sexismus haben."

Oder hier,

"Was die Augstein- und die Brüderle-Debatte verbindet, ist die Tatsache, dass es bei manchen Debattenteilnehmern eine unwiderstehliche Lust am Tabubruch zu geben scheint. Dieser Tabubruch beginnt immer mit dem unschuldigen Augenaufschlag, der Versicherung, man sei gewiss kein Juden-, Israel-, Frauen-, Ausländer-, Muslimen- oder Schwulenfeind, im Gegenteil."

Hier wird also auf einmal wieder das "Tabu" als wichtigste Leitkultur hochgehalten, entgegen den schmierigen Ansagen der Anti-Augstein-Fraktion,die sich so larmoyant empörte:

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!

What a fuck ...

Freitag, 4. Januar 2013

DIRTY OLD MEN


http://30years.com/wp-content/uploads/2012/05/Broder720.jpg

Broder vs. Augstein, der Fight ist also entschieden. Ringrichter aus allen Ecken der Republik haben zugunsten Frère Jacques die Glocken läuten lassen.

Was gibt es also noch zu sagen? Welche Fragen sind offen geblieben?

Vielleicht so viel: Was ist bloß los mit den alten Männern, mit diesen Schwergewichten, die im letzten Viertel ihres prominenten Daseins unbedingt „All-in“ spielen müssen?

Das Gegenteil gibt es ja auch: Die Gaucks und Schmidts der Republik genießen doch mit ihrer speziellen Art Gesellschaftspoker höchstes Ansehen.

Schauen wir also mal, was die alten Trapper reitet, wenn sie sich dermaßen vergaloppieren, wie aktuell Broder und andere vor ihm. Natürlich, da wirkt zunächst mal der Generationenkonflikt. Die Alten haben sich über Jahrzehnte eingerichtet und wollen nicht weichen. Und die Frischlinge pochen schon lautstark und ungelenk ans verrammelte Tor.

Klar, auf der politischen Bühne kennt man das spätestens seit Helmut Kohls unsäglicher letzter Kanzlerkandidatur oder Gerhard Schröders bierseligem Black Out angesichts der frischen Niederlage gegen Merkel vor laufenden Kameras.

Und an was erinnert das? Wohl am ehesten an Jungs im Sandkasten, die erst friedlich und gemeinsam die höchsten Burgen bauen, nur um sie dann nach Muttis Ruf zum Abendessen in einem Anfall von Zerstörungswut kurz und klein zu schlagen, damit bloß keiner, der am nächsten Morgen früher aufsteht, davon profitiert.

Verbrannte Erde also von Günter Grass bis Henryk M. Broder. Jahrzehntelang Ruhm und Ehren angehäuft – häufig sogar gerade weil man Wagnisse eingegangen, weil man sich glänzend positioniert hat. Aber eben auch kalkuliert, berechnend, mit maximaler Obacht.

Wogen Ruhm und Ehren am Ende so schwer, das man sie mit einer Rüstung verwechselt hat?


http://www.schwesternverband.de/fileadmin/user_upload/Bilder/Altenhilfe/St-Ambrosius_Bingo.jpg

Wie ernst zu nehmen, wie wahrhaftig ist, was – mit oder ohne weißem Bademantel – so irre poltert?

Joppie Heesters nennt Hitler noch im Rollstuhl „eine gute Kerl.“ Zweifelsfrei verzeihlich, stand er doch schon unter Beobachtung der viel jüngeren Frau, die ihm sofort das Lätzchen ums Hälschen drückte, um den Fauxpas zu verwischen.

Wenn nun aber dem Alter ein „Mea culpa“ innenwohnt, ist dann nicht alles entschuldigt, was zwischen den Dritten herausgepresst wird?

François VI. Duc de La Rochefoucauld meinte schon im 17. Jahrhundert zu erkennen: „Mit dem Alter nimmt man an Torheit und Weisheit zu.“ Dass auch hier keine gerechte Verteilung vorgenommen wird, beweist der aktuelle Fall.

Wenn man gegen all das nun aber nichts ausrichten kann, dann gilt es, die unappetitliche Angelegenheit „männliches Altern“ in die neutrale Ecke zu verbannen. Dort, wo sie toben, aber keinen Schaden anrichten kann.

Und Gottseidank! – solche Séparées gibt es ja schon für Männer, die nicht in Würde altern können: Pattaya, Mallorca und den Ost-Harz. Für jedes noch so fahle Bedürfnis ist etwas dabei.

See you!

Mittwoch, 5. Dezember 2012

You'll never walk alone

von RA Heinrich Schmitz


http://ueberwachungsbuerger.files.wordpress.com/2011/04/all-eyes-on-you-logo_gross.gif

Dauerobservation von entlassenen
Sicherungsverwahrten

Das Bundesverfassungsgericht hat sich in einer heute, am 4.12.2012 veröffentlichten Entscheidung

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom
08.11.2012 ,- 1 BvR 22/12

zur Dauerüberwachung von Menschen geäußert, die nach verbüßter Haft und anschließender
Sicherungsverwahrung aus dieser Sicherungsverwahrung entlassen werden mussten.

"Verdienen Schwerverbrecher ihre Privatsphäre?" titelt der FOCUS forsch

http://www.focus.de/politik/deutschland/gesetzesluecke-bei-sicherungsverwahrung-verdienen-schwerverbrecher-eine-privatsphaere_aid_874351.html

und damit voll am Thema vorbei. Na klar haben auch "Schwerverbrecher" ein Recht auf Privatsphäre, das ist doch gar nicht die entscheidende Frage. Und ein Recht auf
Privatsphäre muss man sich auch nicht "verdienen", die ist schon durch das Grundgesetz garantiert. Sie ist ein Menschenrecht und in Art. 2 Abs.1, Art. 1 Abs. 1 GG als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts garantiert.

Dieses besondere Persönlichkeitsrecht dient dem Schutz eines abgeschirmten Bereichs der persönlichen Entfaltung. Jedem Menschen soll dadurch ein spezifischer Bereich verbleiben, in dem er sich frei und ungezwungen verhalten kann, ohne permanent befürchten zu müssen, dass andere von seinem Verhalten Kenntnis erlangen oder ihn sogar beobachten können.

Big Brother gibt's eben nur bei RTL2 und nicht in einem Rechtsstaat. Freiheit bedeutet auch
unbeobachtet leben zu können.

Es ist eine grundlegende Verfassungsregel, dass in solche Grundrechte nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden darf. Und auch dann nur, wenn es wirklich nicht anders geht.

Die Frage, die das Verfassungsgericht damit beantworten musste war also nicht die , ob Schwerverbrecher eine Privatsphäre verdienen ,
sondern die, ob die polizeiliche Dauerüberwachung von Personen, die aus Sicht der Polizei eine Gefahr für andere darstellen, alleine durch die bestehenden Polizeigesetze der Länder gedeckt ist.


http://www.detektei-winkler.de/bilder/Image/firma/Observation%20011.jpg

In allen Polizeigesetzen des Bundesländer gibt es eine recht allgemein gehaltene "Generalklausel" die z.B. in NRW wie folgt lautet:

" Die Polizei kann die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Falle bestehende, konkrete Gefahr für die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren, soweit nicht die §§ 9 bis 46 die Befugnisse der Polizei besonders regeln."

Das klingt wahnsinnig allumfassend, ist aber aufgrund der Grundrechte der Bürger nur ganz eng auszulegen. Auch wenn's so klingt bedeutet das
nicht, die Polizei kann alles machen was sie für nötig hält.

In Ermangelung spezieller Regeln für Menschen, die aus der SV entlassen werden mussten, wurden nun aufgrund dieser sehr allgemeinen Regelung
einige entlassene Straftäter rund um die Uhr einer polizeilichen Überwachung unterworfen.

Pro Tag werden so locker 20 Polizeibeamte beschäftigt. Pro Entlassenem. Personeller Overkill.

So kann das auf Dauer jedenfalls nicht weiter gehen. Dieser Grundrechtseingriff ist zu massiv als dass er nicht einer speziellen gesetzlichen Grundlage bedürfe.

Das, nicht mehr und nicht weniger hat das BVerfG heute gesagt.

Die Beschwerde eines Betroffenen war damit im Eilverfahren erfolgreich.

Er war nach insgesamt 25 Jahren Haft und Sicherungsverwahrung, die er aufgrund zweier Vergewaltigungen abgesessen hatte, im September 2010 "entlassen" worden.

Seitdem steht rund um die Uhr ein Polizeifahrzeug mit drei Beamten vor seiner Wohnung in Freiburg. Außerdem hocken stets zwei weitere Polizisten in der Küche der Wohnung herum, wenn der Mann in seinem Wohn/Schlafzimmer ist.

Sobald er seine Wohnung verlässt, wird er ständig
von Polizisten begleitet, die nur dann auf etwas Distanz gehen, wenn er mit seinen Rechtsanwälten oder Ärzten spricht. Sobald er sich aber z.B.
mit Frauen unterhalten möchte, werden diese von den Beamten über den Grund der Überwachung unterrichtet. Stellen Sie sich das mal vor. Das
turnt ab, das kann einen Menschen auf Dauer in den Wahnsinn treiben.


http://www.freiepresse.de/DYNIMG/00/59/3880059_W700.jpg

Jetzt kann man natürlich die Meinung vertreten, diese massive Einschränkung seiner Grundrechte habe der Entlassene sich völlig zu recht eingefangen. Der soll mal nicht so rumjammern.

Falls er tatsächlich noch eine Gefahr darstellen sollte, bleibt der Polizei kaum etwas anderes übrig, als ihn im Auge zu halten. Schließlich
haben die anderen Bürger Anspruch darauf vor bekannten Gefahren beschützt zu werden.

Aber es dürfte auch klar sein, dass eine derartig umfassende Überwachung nicht ohne eine ausreichende Rechtsgrundlage und auch nur dann erfolgen darf, wenn es gar nicht anders geht. Absolute Sicherheit kann es in einem freien Land nicht geben, sonst müsste man jedem einen Polizisten zuteilen und selbst in sogenannten Polizeistaaten gibt es Verbrechen. Und selbst innerhalb der Polizei kommen leider Straftaten vor.

Diese neue, nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts notwendige Rechtsgrundlage müssen jetzt möglichst schnell die Bundesländer
schaffen, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, dass das Gericht diese Totalüberwachung irgendwann tatsächlich einmal einfach als
verfassungswidrig aufhebt. Polizei ist nun mal Ländersache.

Die heutige Entscheidung stellt also weder einen Grund zur Panik noch zu aufgeregten Schlagzeilen dar. Keine Angst, das BVerfG hat die Überwachung im konkreten Fall nicht umgehend aufgehoben, aber mal wieder ein paar wichtige Grundrechtspflöcke eingeschlagen. Dafür ist das Gericht da. Und dafür kann man es nicht genug loben.

So muss die Überwachung mit einem frischen Gutachten unterfüttert werden und darf nicht weiter mit einem Jahre alten Gutachten begründet werden, das bereits vor der Entlassung noch in der Anstalt erstellt wurde.

Die Begründung des Gerichts, dass dem Gutachter bei einem solchen Gutachten nur Vermutungen zum Verhalten des Betroffenen in Freiheit möglich waren, da dieser zuvor 25 Jahre in Unfreiheit verbracht habe, ist nicht von der Hand zu weisen. Die neuen Regelungen werden nach meiner Einschätzung wohl auch relativ kurze Fristen für eine regelmäßige Überprüfung der
Gefährlichkeitsprognose beinhalten müssen.


http://www.morgenpost.de/img/brandenburg/crop100735021/5290697257-ci3x2l-h307/mim-wernerk-BM-Berlin-Potsdam.jpg

Dass es überhaupt zu diesen für alle Betroffenen , also auch für die eingesetzten Beamten, belastenden Dauerüberwachungen gekommen ist , ist
das logische Ergebnis einer seit vielen Jahren bestehenden Unfähigkeit des Gesetzgebers eine verfassungsgemäße Regelung der
Sicherungsverwahrung zustande zu bringen.

Aber auch das ist leider nichts Neues.

von RA Heinrich Schmitz

Dienstag, 27. November 2012

CARLA BERLING "DIE RATTENFÄNGER"

Lesen entspannt. Mehr braucht es nicht. Manchmal kommt mit etwas Glück ein Erkenntnisgewinn hinzu. Noch schöner. Heinrich Schmitz hat so ein Buch entdeckt. Und kann es empfehlen. Ihnen, aber auch seinen Freunden und Verwandten. Warum das für alle noch einmal ein besonderer Gewinn ist, lesen Sie hier.
Alexander


http://sphotos-a.xx.fbcdn.net/hphotos-snc6/c0.0.403.403/p403x403/259885_522116401141426_841936219_n.jpg

"Eine gute Geldanlage"
von RA HEINRICH SCHMITZ

Kurz nach unserer Hochzeit in den 80er Jahren erschienen nach telefonischer Anmeldung bei uns zu Hause zwei Herren in schicken Anzügen, angeblich auf Empfehlung eines Kommilitonen, unterhielten sich freundlich mit meiner Frau und mir - und zogen nach zweieinhalb Stunden
mit einem Antrag für eine Kapitallebensversicherung von dannen. Da war
ich noch Student. Unser Familieneinkommen reichte so gerade.

Hätte ich damals bereits Carla Berlings "Die Rattenfänger" gelesen, wäre mir das garantiert nicht passiert. Gab's aber leider noch nicht. In der ein oder anderen Form hat vermutlich nahezu jeder von uns einmal Kontakt mit einem oder mehreren Strukturvertrieben gehabt, mit mehr oder weniger großem finanziellen oder persönlichem Schaden, oft ohne es tatsächlich zu bemerken.

Wer meint, ein Roman über den Aufbau und die Methoden eines Strukturvertriebes, der zudem auch noch in den 80ern spielt, sei kalter
Kaffee, überholt, überflüssig und langweilig, der irrt gewaltig. Carla Berlings Roman ist auch heute brandaktuell, notwendig, lebensnah,
informativ. Trotz aller Not, die die beiden Protagonisten, Kellnerin Rena und DJ Mike, vor den Augen des Lesers erleiden, äußerst
vergnüglich. Filmreif.

Rena und Mike, gerade frisch verheiratet, chronisch klamm und voller Träume, geraten an die JUNO, einen Strukturvertrieb des Pegasus-Konzerns. Sie erliegen schnell dem Sog der wunderbaren Versprechungen von Reichtum, Reisen und Luxus und geraten innerhalb kurzer Zeit in ein Netzwerk, dass fortan ihr Leben bestimmt und beinahe auffrisst. Noble Hotels, Seminare, Alkohol, Sex und Eitelkeiten.

Dieser Roman enthält zweifellos Insiderkenntnisse über Methoden, Argumentationsstrategien, Orgien, Provisionen und kleine und große Betrügereien. Informationen ,die mehr leisten als jede Verbraucherberatung. Informationen, die einen den großen Beschiss durchschauen lassen. Hier schreibt eine Autorin, die drin war, die weiß wie es läuft und das auch verrät.

Wie persönliche Beziehungen zwischen Menschen eiskalt dem Profit eines Strukturvertriebes geopfert werden, wie die nächste Stufe innerhalb der Struktur zum wichtigsten Lebensziel wird, wichtiger als ein Baby, wie arglose Mitarbeiter zu gewissenlosen Arschlöchern werden, die auch
Freunden und Familienmitgliedern ohne mit der Wimper zu zucken unsinnige Finanzprodukte verkaufen, das erzählt Carla Berling unterhaltsam und trotz der ja eigentlich drögen Thematik spannend und folgerichtig. Kein Satz Langeweile.


http://www.carla-berling.de/wp-content/flagallery/lesungen/31004_1348645687564_1573996739_830642_2270991_n.jpg

Neben der verständlichen Darstellung der Geschäftspraktiken ist der Roman auch eine flotte Zeitreise in die 80er mit ihrer aus heutiger
Sicht merkwürdigen Mode, ihrer Musik und ihrer Discoszene. Bei der Lektüre bekam ich "Money for nothing and chicks for free" nicht aus dem
Kopf. Für diejenigen, die diese Zeit bewusst miterlebt haben, eine bildhafte Erinnerung, für die jüngeren ein kleiner Ausflug in die skurrile Vergangenheit ihrer Eltern.

Nach der Lektüre dieses Romans werden sie sich so schnell nichts mehr von freundlichen "Anlageberatern" aufschwatzen lassen. Sie werden bei entsprechenden Versuchen mit Freude feststellen, dass die im Buch beschriebenen rhetorischen Tricks immer noch angewendet werden und vielleicht werden sie manche davon selbst mit Vergnügen anwenden. Vielleicht legen Sie auch ab und zu einfach mal den Telefonhörer auf oder gar nicht erst ab.

Heute nennt man Strukturvertriebe vielleicht nicht mehr Strukturvertriebe ,sondern MLM (/Multi-Level-Marketing/ ), Netzwerk-Marketing oder auch weniger stylisch Mundpropaganda - am
zynischen Vertriebssystem hat sich aber nicht viel geändert. Der pyramidenartige Hierarchieaufbau hat genauso überlebt wie die
Kommerzialisierung persönlicher Beziehungen.

Die Feststellung, dass Carla Berling selbst das Prinzip des beschriebenen Mundpropaganda-Marketings äußerst geschickt für die Vermarktung ihrer Bücher z.B. bei facebook eingesetzt hat, sei gestattet. Aber, damit hat sie niemandem, der sich wegen der persönlichen Empfehlung von Freuden zum Kauf und zur Lektüre der "Rattenfänger" entschieden hat, geschadet. Das Gegenteil ist der Fall.

Ergo, die Anlage von 19,90 € für dieses Buch ist eine sehr gute Anlage, die Sie vor größerem Schaden bewahren wird und die Ihnen erheblichen
Profit bringt.

Ich beglückwünsche Sie zu dieser Entscheidung, die ihr Leben verändern wird. Die beiden letzten Sätze werden sie nach der Lektüre der "Rattenfänger" vielleicht nochmal lesen und kritisch überdenken. Ganz falsch sind sie jedenfalls nicht.

von RA HEINRICH SCHMITZ

Donnerstag, 22. November 2012

Jürgen Tritten – Der Unheilige


http://www.gruene.de/partei/bdk-in-hannover/die-bdk-2012-in-bildern.html

Eine Beschimpfung

Jürgen Trittin, diese optische Schnittmenge – schauen Sie mal genau hin – aus Willy Brandt und Heiner Geißler, steht breitbeinig hinterm Rednerpult auf dem Grünen-Parteitag in Hannover. Unübersehbar: auf diesen grünen Schultern lastet was. Und was die Schultern nicht mehr zu tragen vermögen, reiben die Hände zum Sieg: fünfundzwanzig Minuten lang ein großes Händereiben. Psychologen schreiben diese große Geste gerne Sündern als „Waschen in Unschuld“ ins Stammbuch. Mal sehen.

Die Revers seines Jacketts treffen exakt über dem Schriftzug am Rednerpult „Zusammen hält besser“ zusammen. Sonst geht wenig zusammen. Wie schon vor 32 Jahren – damals, als Trittin vom Dunkelroten ins Grüne konvertierte und sich dort zunächst einem heute entsorgten fundamentalistischen Flügel der Partei zuordnete – reaktiviert der Grüne auch in Hannover wieder dieses ungute Urgefühl: Falscher Hund. Jedes Wort, vorgetragen mit der Stimme von Biene Majas Freund Willi, jeder Satz im Sound schon ein Alarmsignal. Schüler kennen das Phänomen überall auf der Welt: So klingt der ungeliebte Oberlehrer. Antrainierte lakonische Hintergründigkeit ohne Tiefgang. Routine ohne dialektische Hygiene. Die personifizierte Blasiertheit.

Glasklare Gewissheit: Da quatscht einer wider besseren Wissens. Da dödelt sich einer durchs Parteitagsprogramm, dem nichts mehr heilig ist. Ein Unheiliger. Mein persönlicher Eindruck: So treten Prahlhänse auf, die sich ihrer Prahlerei unsagbar sicher sind. Die längst wissen, wie sie ihre Schäfchen ins Trockene bringen und die nur noch pro Forma jenen Millionen gut zureden, die sie in Zukunft in einem zweiten noch gründlicheren Durchgang eiskalt im Regen stehen lassen wollen. Parteikader-Verlogenheit und ex-bundesministeriale Vollzeitarroganz.

Sie finden das jetzt polemisch? Dann hören Sie mal auszugsweise, was der Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen – einer der beiden Spitzenkandidaten für seine Partei bei der Bundestagswahl 2013 – seinen Delegierten in einem platten Festzelt-Vortrag in Hannover so zu sagen hat:

„Wir wollen den grünen Wandel, weil der Klimawandel ungebremst voranschreitet.“ „Noch nie war so wenig Eis am Nordpol, wie in diesem Sommer. Das schreit nicht nach Zurücklehnen, das schreit doch nach Veränderung. Nach dem grünen Wandel! Wir wollen den grünen Wandel, weil aus der Finanzkrise von 2008 nichts gelernt wurde. Noch immer halten sich Banken Staaten als Geiseln.“

Ja Himmel noch eins, geht’s noch naiver, noch willkürlicher populistisch zusammengewürfelt? Kaum, denn Trittins Beliebigkeit ist der Sound der Populisten überall auf der Welt. Wer einmal den so gerne als Populisten gescholtenen Linken Oskar Lafontaine auf irgendeinem deutschen Marktplatz zugehört hat, der weiß zumindest, wie so etwas besser geht.

Und wer will sich eigentlich „zurücklehnen“? Wer hätte einen Grund dazu? Was hat die Wahl der Grünen mit dem Eis am Nordpol zu tun? Und was für eine öde Déjà-Vu-Willensbekundung ist das denn, wo die Grünen schon in ihrem Parteiprogramm 2009 an vorderster Stelle festschrieben: „Begrenzung der Erderwärmung auf höchstens 2 Grad“ und davon heute kein Grad abrücken. Ungenießbarer Ausstellungs-Zuckerguss.

Oder glaubt man ernsthaft eine Außen- und Wirtschaftspolitik betreiben zu können, die den Chinesen, den Indern, den Russen uns sonst wem vorschreiben könnte, wie viel CO2 maximal verdampft werden darf, während die europäische Autoindustrie hinter der „Großen Mauer“ jene schwarzen Zahlen schreibt, die überhaupt erst garantieren, das wir hier in relativem Wohlstand politisch debattieren können?

Nein, da lassen die Grünen ihren Direktmandats-Altersrebellen Ströbele im Deutschlandfunk ein paar beschwichtigende Worte zu den Menschenrechten in China sagen, von denen man sowieso weiß, das sie Minuten später im Äther gnädig dem kollektiven Vergessen anheimfallen: „... man muss hin und wieder auch bereit sein, in einen Konflikt zu gehen, also zum Beispiel, wenn es darum geht, etwa Menschen aufzunehmen, die in China um ihr Leben fürchten müssen, die dort verfolgt werden.“ Ach herrje.

Aber zurück zu Trittin, der ja gerade seine 25 Minuten hat. Wir erleben die mediale Inszenierung einer grünen Aufbruchsstimmung:


http://www.gruene.de/partei/bdk-in-hannover/die-bdk-2012-in-bildern.html

„Wir wollen den grünen Wandel, weil Wohlstand in dieser Gesellschaft noch nie so ungerecht verteilt war.“ „Wir wollen den grünen Wandel, weil das historische Friedensprojekt Europa in ernster Gefahr ist.“

Ja Mensch Jürgen, das wolltet Ihr doch 1998 schon! „Wir wollen den Grünen Wandel“ ist zudem eine madige und unattraktive Coverversion von „I have a dream“ oder von „Yes we can“.

Mal polemisch und lautstark zurückgebrüllt: „Alter Junge! Bei 13 (plus-minus) Prozent für die Grünen, da wird’s wenn überhaupt, dann wohl eher ein ziemlich mickriger Wandel. Grüngestreifter Steinbrück. Wie soll das gehen? Denn so wenig rot wie rot heute bei der SPD ein Purpur ist (für den Menschen) ist grün heute noch grün (für die Umwelt). Das wissen Trittins Delegierte natürlich auch.

Aber das könnten auch die Bürger vor dem Fernseher wissen, wenn sie sich nur genau erinnern wollen. An die Regierungsarbeit der Grünen/SPD von 1998-2005. Diese sieben Jahre und 26 Tage endeten in einer großen Enttäuschung und einem unrühmlichen Abgang sogar ein Jahr vor der Verfallszeit. Daran sollten sich die ebenso erinnern, die in Lohn und Arbeit stehen, wie die Agenda-2010-Geschädigten, die Hartz4ler, die Selbstständigen, die Stromabgestellten, die Zwangsprivatisierten, usw.

Ja, Trittin baut 2012 aufs kollektive Vergessen. Aber das sollten wir ihm in diesem x-ten Durchgang nicht mehr durchgehen lassen. Klartext: Die Neuversion der Farce vom Neuanfang heißt dieses Mal „Grüner Wandel“.

Nordpol-eisiges Marketing ist das. Die Sarotti-Mohr-Taktik „Stückchen für Stückchen“ wird vorübergehend zum Füllhorn gemorpht. Zum Interims-Füllhorn des guten Willens: Ja, „Wir wollen ...“.

Aber weiter in Hannover: Übergangslos von den grotesk hohen Arbeitslosenzahlen der Jugendlichen in Europa wird von Trittin der nächste Themablog mit letzter Luft rausgehechelt:

„Und ich sage auch, ein gemeinsames Europa, das muss auf den arabischen Frühling eine andere Antwort haben, als Frontex („Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit“), Abschottung und Panzer nach Bahrain. (Jubel). Wir wollen den Grünen Wandel, weil wir 'ne offene Gesellschaft wollen.“

Also braucht der „arabischen Frühling“ den „Grünen Wandel“ aus Hannover? Da kann man den Arabern nur wünschen, Allah möge den arabischen Frühling vor diesem grünen Spätherbst beschützen.

Nach dem 178sten Händereiben:

„Dieser Grüne Wandel braucht ein Ziel. Wir können das benennen: Wir wollen eine Gesellschaft, die 100% Ihrer Energie aus erneuerbaren Energien dezentral und zentral gewinnt.“ „Wir treten dafür ein, dass die Klassenherkunft nicht länger das Klassenziel bestimmt, damit alle eine gute Bildung haben. Wir wollen, dass Familie da ist, wo Kinder sind, egal ob die Eltern hetero, schwul oder lesbisch sind. Wir wollen ein europäisches Deutschland. Und nicht ein Europa das Deutsch spricht, wie sich das der Herr Kauder vorstellt (jubel).“


http://www.gruene.de/partei/bdk-in-hannover/die-bdk-2012-in-bildern.html

Was hier wie ein heilloses Durcheinander klingt, ist eines. Reinste Mitnahmementalität. Und weil sich das selbst dechiffriert, muss eine Stringenz her:

„Das hat uns übrigens schon immer ausgemacht, dass wir wussten, wo wir in den nächsten Jahren hingehen wollen.“

Beamen wir uns kurz wider dem Vergessen zurück ins Jahr 1998 und stellen uns mal vor, die Grünen hätten damals tatsächlich gewollt, was sie bis 2005 angerichtet haben. Nein, der fleißige Händereiber hinterm Rednerpult muss 2012 auf eine kollektiven Amnesie hoffen.

Hofft er am Ende zu Recht? Ist unser Langzeitgedächtnis schon so irreparabel sediert? Trittin scheint davon auszugehen, denn er liefert das Erinnern gleich mit:

„Wir waren schon für Vollkornläden, als Supermärkte (…) noch nicht ganze Regale dafür freigeräumt haben. Und wir waren für die Homo-Ehe, als noch die ganze Gesellschaft gegen uns stand. Wir waren schon für eine Frauenquote, als bei der CDU Frauen nur zum Servieren an die Tische kamen. Ja, (händereib) wir haben dabei einen langen Atem bewiesen, aber am Ende lagen wir richtig. Mit unserer Beharrlichkeit haben wir die Mitte dieser Gesellschaft verändert.“

Das allerdings wage ich zu bezweifeln, denn viel offensichtlicher ist doch, wie elementar die Gesellschaft die Grünen verändert hat. „Gigni de nihilo nihil, in nihilum nil posse reverti“ (Nichts wird aus dem Nichts geboren, und nichts kann ins nichts zurückgeführt werden.)

Eine Erkenntnis bleibt allerdings doch am Ende dieses Ein-Mann-Händereibens für alle: Jürgen Trittin hat in Hannover eindrucksvoll Jutta Ditfurth wiederlegt, denn die sagte mal: "Die Wähler der Grünen sind schlimmer als die Grünen.“


Auch veröffentlicht hier: http://www.prager-fruehling-magazin.de/article/937.der-unheilige.html

Mittwoch, 14. November 2012

RABIMMEl, RABAMMEL, RABUMM

Identitätsverlust
von RA HEINRICH SCHMITZ

Meine Mutter war traurig. " Isch hann extra de Käätzje in de Finster gestellt. Dann koom de Zoch, de Kapell hätt tapfer jespellt, ävver
meenste do hät eene metjesonge?"

Ich wusste nicht auf Anhieb, was sie meinte. Kerzen im Fenster, Zug, Kapelle, keiner hat mitgesungen ? Dann war es mir klar.

"Meenste de Märteszoch?".
"Jo, die kenne die Leeder all jar nit mieh. De Pänz net un de Eldere och net."

Wen kümmert's, dachte ich zunächst, aber das kurze Gespräch mit meiner Mutter ging mir den ganzen Tag über nicht aus dem Kopf. Ich war
plötzlich wieder Kindergarten und Grundschulkind.

Der Martinzug war früher ein Ereignis. Schon Wochen vorher bastelten wir mehr oder weniger
schöne Laternen. Mit echten Kerzen drin. Feuer, offenes Feuer. Die einzelnen Schulen wetteiferten um die schönsten Kreationen. Ältere Schüler begleiteten den Zug mit Pechfackeln. Wann bin ich endlich so alt, dass ich eine Pechfackel tragen darf, das war die Frage.

Und während der Bastelphase wurden Lieder geübt. Die hochdeutschen wie "St. Martin, St. Martin", die man auch heute noch googeln kann, und noch
viel wichtiger, die Lieder im heimischen Dialekt, nach denen man vergeblich googelt. Ein paar findet man noch in Archiven, aber - und da
hat meine Mutter recht - viele sind vergessen. Die Kapellen haben noch die Noten, die Texte kennt kaum noch einer. Schade.


"Dörch all die Strooße trecke mir, Sank Määtes, Sank Määtes, met Fackel un met Määtesfüer, Sank Määtes, Sank Määtes,mir don dich och veriehre,
moss os och aanhüehre, Sank Määtes, Sank Määtes, Sank Määtes, Sank Määtes,"

und da verließen sie ihn. Auch mir fällt der ganze Text nicht mehr ein, obwohl ich meine Mundart, der Rheinländer spricht hier von "singer
Muttersprooch" ( das "o" offen , wie in Woche ), im Gegensatz zu manch anderem nie verleugnet und neben dem rheinisch-gefärbeten Hochdeutsch
immer gesprochen habe.

Dass im Zweifelsfall ein Großteil der Kinder und der Eltern gar nicht mehr weiß, warum sie mit den Laternen hinter einem Mann auf einem Pferd her rennen, soll hier nicht das Thema sein. Dafür gibt ja Matthias Matussek. Mir geht es hier mal nicht um den katholischen Hintergrund, sondern um
die Sprache.

Was wird aus unseren heimischen Dialekten, wenn die Kinder sie nicht mehr sprechen ? Sie gehen verloren. Warum sprechen die Kinder nicht mehr
im Dialekt? Weil die Eltern es nicht mehr tun, sei es, weil sie es selbst schon nicht mehr lernen durften, sei es weil sie es zwar noch
können, aber mit ihren Kindern nicht sprechen.

In der Sozialisation der frühen 60er Jahre, der Zeit also, als neben Hochdeutsch vor allem in den Familien noch Dialekt gesprochen wurde, aber auch auch im Kindergarten, fing es langsam an. Plattdissing.

Hochdeutsch sollte gesprochen werden. Die Bildungsbürgereltern meiner Freunde verboten ihren Kindern im Dialekt zu sprechen. "Das sagt man aber nicht so". Dialekt gleich doof, Hochdeutsch gleich "jebildet".

"Watt ene Driss", möchte man da schreien. Kein Mensch kommt aus "Hochdeutschland", höchstens ein paar Hannoveraner. Jede Region, jeder Ort, ja teilweise jedes Stadtviertel hatte einmal ihre eigene Sprache. Pygmalion lebt von dieser Tatsache, Professor Higgins kannte sie alle.

Und heute ?


Ist die Sprachkompetenz unserer Kinder heute besser als in den 60er Jahren, Alter ? Weit und breit kein Dialekt mehr zu hören, aber
Hochdeutsch auch eher nicht. Was hat's gebracht, die Dialekte auch aus den Schulen und Kindergärten zu verbannen ?

Dass Sprache sich verändert, ist normal. Dass eine ganze Sprache bzw. eine ganze Reihe von Sprachen mit der Generation meiner Eltern ausstirbt, ist bedauerlich. Und dass
der heimische Dialekt eine eigene Sprache ist, mit eigenen Wörten, eigener Grammatik und eigenem Wert, ist doch kein Geheimnis.


Im Rheinland wird, nicht zuletzt durch die vielen Mundartgruppen, wie BAP, Bläck Föös, Brings und wie sie alle heißen, eine Art Mundart immerhin noch ein wenig am Leben erhalten - auch wenn es weder das echte Kölsch noch sonst irgendein echter Dialekt ist, der da in der Regel verwendet wird.

Klingt aber wenigstens so ähnlich. Leider wird diese Sprache aber oft nur zu Karneval aus dem Giftschrank geholt und am Aschermittwoch mit dem Nubbel wieder verbrannt. Dialekt nur als
Karnevalsaccessoire ?

Na und, fragt der ein oder andere Hochkulturer ? Diese niedere Sprache ist doch nicht wertvoll, nur etwas für Volkstheater. Falsch. Die
Dialekte sind eine untergehende Kultur. Wenn es sich um andere untergehende Kulturen weit weg , am Arsch der Welt handelt, sind die selben hochnäsigen Bildungsbürger gerne bereit ins Portemonnaie zu greifen und für deren Rettung zu spenden.

Aber für die eigenen Wurzeln ? Kaum. Es gibt einige Projekte wie z.B. die in Köln ansässige "Akademie för uns kölsche Sproch"

http://www.koelsch-akademie.de/

und kleiner örtliche Projekte. Gesprochen wird die "Sproch" aber nur noch von älteren, sie trocknet aus, sie verschwindet.


Mir tut das weh. Bevor jetzt die Nationalisten denken, sie hätten eine deutsch-nationale Schwachstelle bei mir entdeckt und ich sei ein
heimlicher Deutschtümeler. Falsch. Das Gegenteil ist der Fall. In der Vielfalt der Dialekte zeigt sich die Vielfalt der Menschen, ein buntes
Deutschland, ein buntes Europa und eine bunte Welt.

Es ist nicht nötig seine nationale oder regionale Herkunft zu verleugnen und seine Muttersprache , hier den Dialekt, zu verraten und zu verkaufen. Wer die Sprache beherrscht, beherrscht das Denken - und zwar im doppelten Sinne.

Natürlich ist das sogenannte Hochdeutsch als Amts- und Kommunikationssprache zwischen allen Bürgern wichtig und natürlich sollte jeder Bürger diese Sprache beherrschen.

Aber nicht um den Preis, damit eine Einheitsidentität überzustülpen und seine Herkunft zu verleugnen. "Deutschsprach, Deutschsprach über alles" kann nicht das
Ziel sein. Vielmehr Erhaltung und Wiederbelebung der Dialekte. Dass Dialekt und Nationalismus nichts, aber auch gar nicht miteinander zu tun
haben, zeigen alle Künstler die an der größten antirassistischen und antinationalistischen Demonstration am 9.11.1992 und am 9.11.2012
teilgenommen haben.

Die heißt nicht "Hintern hoch - Zähne auseinander", nein, die heißt kraftvoll

"ARSCH HUH - ZÄNG USSSENANDER".

Ich versteige mich mal zu der Behauptung, dass ein lebender Lokalpatriotismus eine natürliche Immunisierung gegen jede Form von Nationalismus mit sich bringt. Auf Hochdeutsch wäre eine solche Veranstaltung mit dieser emotionalen Intensität kaum vorstellbar, "do fählt et Hätz".

Ich erinnere mich an eine "Einer wird gewinnen" - Sendung mit Hans Joachim Kulenkampff, lange her. Auf der Bühne stand ein Statist in britischer Beefeater-Uniform für irgendein Zuordnungsspiel.

Nach dem Spiel fragte der Moderator diesen Statisten, "where do you come from" und der antwortet in herzerfrischendem Kölsch, "Isch bin uss Nippes". So muss es sein, unvergesslich, mein Held, der Nippesser.

Vielleicht können die Kindergärten ja mal in den Altersheimen vorbeischauen. Vielleicht können die Alten ihnen die alten Martinslieder vorsingen. Vielleicht können die Kindergärtnerinnen das mit ihren schicken smartphones aufnehmen, die alten Texte aufschreiben.

Vielleicht kann meine Mutter beim nächsten oder übernächsten Martinszug wieder die alten guten Lieder hören.

Nee, watt wör datt schön.

RABIMMEl, RABAMMEL, RABUMM


http://media.de.indymedia.org/images/2008/11/231626.jpg

Identitätsverlust
von RA HEINRICH SCHMITZ

Meine Mutter war traurig. " Isch hann extra de Käätzje in de Finster gestellt. Dann koom de Zoch, de Kapell hätt tapfer jespellt, ävver
meenste do hät eene metjesonge?"

Ich wusste nicht auf Anhieb, was sie meinte. Kerzen im Fenster, Zug, Kapelle, keiner hat mitgesungen ? Dann war es mir klar.

"Meenste de Märteszoch?".
"Jo, die kenne die Leeder all jar nit mieh. De Pänz net un de Eldere och net."

Wen kümmert's, dachte ich zunächst, aber das kurze Gespräch mit meiner Mutter ging mir den ganzen Tag über nicht aus dem Kopf. Ich war
plötzlich wieder Kindergarten und Grundschulkind.

Der Martinzug war früher ein Ereignis. Schon Wochen vorher bastelten wir mehr oder weniger
schöne Laternen. Mit echten Kerzen drin. Feuer, offenes Feuer. Die einzelnen Schulen wetteiferten um die schönsten Kreationen. Ältere Schüler begleiteten den Zug mit Pechfackeln. Wann bin ich endlich so alt, dass ich eine Pechfackel tragen darf, das war die Frage.

Und während der Bastelphase wurden Lieder geübt. Die hochdeutschen wie "St. Martin, St. Martin", die man auch heute noch googeln kann, und noch
viel wichtiger, die Lieder im heimischen Dialekt, nach denen man vergeblich googelt. Ein paar findet man noch in Archiven, aber - und da
hat meine Mutter recht - viele sind vergessen. Die Kapellen haben noch die Noten, die Texte kennt kaum noch einer. Schade.

"Dörch all die Strooße trecke mir, Sank Määtes, Sank Määtes, met Fackel un met Määtesfüer, Sank Määtes, Sank Määtes,mir don dich och veriehre,
moss os och aanhüehre, Sank Määtes, Sank Määtes, Sank Määtes, Sank Määtes,"

und da verließen sie ihn. Auch mir fällt der ganze Text nicht mehr ein, obwohl ich meine Mundart, der Rheinländer spricht hier von "singer
Muttersprooch" ( das "o" offen , wie in Woche ), im Gegensatz zu manch anderem nie verleugnet und neben dem rheinisch-gefärbeten Hochdeutsch
immer gesprochen habe.

Dass im Zweifelsfall ein Großteil der Kinder und der Eltern gar nicht mehr weiß, warum sie mit den Laternen hinter einem Mann auf einem Pferd her rennen, soll hier nicht das Thema sein. Dafür gibt ja Matthias Matussek. Mir geht es hier mal nicht um den katholischen Hintergrund, sondern um
die Sprache.

Was wird aus unseren heimischen Dialekten, wenn die Kinder sie nicht mehr sprechen ? Sie gehen verloren. Warum sprechen die Kinder nicht mehr
im Dialekt? Weil die Eltern es nicht mehr tun, sei es, weil sie es selbst schon nicht mehr lernen durften, sei es weil sie es zwar noch
können, aber mit ihren Kindern nicht sprechen.

In der Sozialisation der frühen 60er Jahre, der Zeit also, als neben Hochdeutsch vor allem in den Familien noch Dialekt gesprochen wurde, aber auch auch im Kindergarten, fing es langsam an. Plattdissing.


http://www.koelsch-reli.de/stmartin1.gif


Hochdeutsch sollte gesprochen werden. Die Bildungsbürgereltern meiner Freunde verboten ihren Kindern im Dialekt zu sprechen. "Das sagt man aber nicht so". Dialekt gleich doof, Hochdeutsch gleich "jebildet".

"Watt ene Driss", möchte man da schreien. Kein Mensch kommt aus "Hochdeutschland", höchstens ein paar Hannoveraner. Jede Region, jeder Ort, ja teilweise jedes Stadtviertel hatte einmal ihre eigene Sprache. Pygmalion lebt von dieser Tatsache, Professor Higgins kannte sie alle.

Und heute ?


Ist die Sprachkompetenz unserer Kinder heute besser als in den 60er Jahren, Alter ? Weit und breit kein Dialekt mehr zu hören, aber
Hochdeutsch auch eher nicht. Was hat's gebracht, die Dialekte auch aus den Schulen und Kindergärten zu verbannen ?

Dass Sprache sich verändert, ist normal. Dass eine ganze Sprache bzw. eine ganze Reihe von Sprachen mit der Generation meiner Eltern ausstirbt, ist bedauerlich. Und dass
der heimische Dialekt eine eigene Sprache ist, mit eigenen Wörten, eigener Grammatik und eigenem Wert, ist doch kein Geheimnis.


Im Rheinland wird, nicht zuletzt durch die vielen Mundartgruppen, wie BAP, Bläck Föös, Brings und wie sie alle heißen, eine Art Mundart immerhin noch ein wenig am Leben erhalten - auch wenn es weder das echte Kölsch noch sonst irgendein echter Dialekt ist, der da in der Regel verwendet wird.

Klingt aber wenigstens so ähnlich. Leider wird diese Sprache aber oft nur zu Karneval aus dem Giftschrank geholt und am Aschermittwoch mit dem Nubbel wieder verbrannt. Dialekt nur als
Karnevalsaccessoire ?

Na und, fragt der ein oder andere Hochkulturer ? Diese niedere Sprache ist doch nicht wertvoll, nur etwas für Volkstheater. Falsch. Die
Dialekte sind eine untergehende Kultur. Wenn es sich um andere untergehende Kulturen weit weg , am Arsch der Welt handelt, sind die selben hochnäsigen Bildungsbürger gerne bereit ins Portemonnaie zu greifen und für deren Rettung zu spenden.

Aber für die eigenen Wurzeln ? Kaum. Es gibt einige Projekte wie z.B. die in Köln ansässige "Akademie för uns kölsche Sproch"

http://www.koelsch-akademie.de/

und kleiner örtliche Projekte. Gesprochen wird die "Sproch" aber nur noch von älteren, sie trocknet aus, sie verschwindet.


Mir tut das weh. Bevor jetzt die Nationalisten denken, sie hätten eine deutsch-nationale Schwachstelle bei mir entdeckt und ich sei ein
heimlicher Deutschtümeler. Falsch. Das Gegenteil ist der Fall. In der Vielfalt der Dialekte zeigt sich die Vielfalt der Menschen, ein buntes
Deutschland, ein buntes Europa und eine bunte Welt.

Es ist nicht nötig seine nationale oder regionale Herkunft zu verleugnen und seine Muttersprache , hier den Dialekt, zu verraten und zu verkaufen. Wer die Sprache beherrscht, beherrscht das Denken - und zwar im doppelten Sinne.

Natürlich ist das sogenannte Hochdeutsch als Amts- und Kommunikationssprache zwischen allen Bürgern wichtig und natürlich sollte jeder Bürger diese Sprache beherrschen.


http://www.loh.goe.ni.schule.de/Bilder/2010_laternenumzug/2010_laternenumzug_10.jpg

Aber nicht um den Preis, damit eine Einheitsidentität überzustülpen und seine Herkunft zu verleugnen. "Deutschsprach, Deutschsprach über alles" kann nicht das
Ziel sein. Vielmehr Erhaltung und Wiederbelebung der Dialekte. Dass Dialekt und Nationalismus nichts, aber auch gar nicht miteinander zu tun
haben, zeigen alle Künstler die an der größten antirassistischen und antinationalistischen Demonstration am 9.11.1992 und am 9.11.2012
teilgenommen haben.

Die heißt nicht "Hintern hoch - Zähne auseinander", nein, die heißt kraftvoll

"ARSCH HUH - ZÄNG USSSENANDER".

Ich versteige mich mal zu der Behauptung, dass ein lebender Lokalpatriotismus eine natürliche Immunisierung gegen jede Form von Nationalismus mit sich bringt. Auf Hochdeutsch wäre eine solche Veranstaltung mit dieser emotionalen Intensität kaum vorstellbar, "do fählt et Hätz".

Ich erinnere mich an eine "Einer wird gewinnen" - Sendung mit Hans Joachim Kulenkampff, lange her. Auf der Bühne stand ein Statist in britischer Beefeater-Uniform für irgendein Zuordnungsspiel.

Nach dem Spiel fragte der Moderator diesen Statisten, "where do you come from" und der antwortet in herzerfrischendem Kölsch, "Isch bin uss Nippes". So muss es sein, unvergesslich, mein Held, der Nippesser.

Vielleicht können die Kindergärten ja mal in den Altersheimen vorbeischauen. Vielleicht können die Alten ihnen die alten Martinslieder vorsingen. Vielleicht können die Kindergärtnerinnen das mit ihren schicken smartphones aufnehmen, die alten Texte aufschreiben.

Vielleicht kann meine Mutter beim nächsten oder übernächsten Martinszug wieder die alten guten Lieder hören.

Nee, watt wör datt schön.

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