Mittwoch, 30. Mai 2012

DIE GRASS-ORGEL

Kolumne für TheEuropean.de über das "Griechenland-Gedicht" von Günter Grass.
http://www.theeuropean.de/alexander-wallasch/11195-griechenland-gedicht-von-guenter-grass


http://www.monstersandcritics.de/downloads/downloads/articles/25993/article_images/image3_1188586971.jpg


Er hat’s wieder getan. Nach seinen umstrittenen Versen zum Nahost-Konflikt nun Günter Grass’ Greisengedicht Teil II. Konnte man nach dem ersten Gedicht noch von einem Fauxpas ausgehen, ist nun Vorsatz im Spiel. Aktueller Titel: „Europas Schande“. Inhalt: Der Umgang mit Griechenland in der Euro-Krise ist eine Schande. Schuld daran sind nicht die Griechen, sondern die „Macht“ und das hat die Wiege Europas nicht verdient. Die „Macht“ sollte sich also was schämen.
„Der Gedanke der Über-Nationalität“

Ein Nobelpreisträger mit Aufmerksamkeitsdefizitproblem, das doch kann eigentlich nicht sein. Denn als Nobelpreisträger – zumindest in der Sparte Literatur – ist einem Aufmerksamkeit gewiss. Auf dem Olymp. Krönung jahrzehntelangen Schreibens. Der Beste der Besten. Wie viele „Nobelpreisträger Literatur“ hat Deutschland überhaupt? Grass ist einer von zehn. Verliehen wird der hochdotierte Preis seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit der Österreicherin Elfriede Jelinek ging also ungefähr jeder zehnte Literaturnobelpreis an einen deutschsprachigen Autor. Hermann Hesse, der – ebenso wie Jelinek – aus gesundheitlichen Gründen nicht persönlich erscheinen konnte, erklärte in einer Grußbotschaft:

„Ich fühle mich mit Ihnen allen vor allem durch den Gedanken verbunden, welcher der Stiftung Nobels zugrunde liegt, den Gedanken von der Über-Nationalität und Internationalität des Geistes und seiner Verpflichtung, nicht dem Kriege und der Zerstörung, sondern dem Frieden und der Versöhnung zu dienen. Darin, dass der mir verliehene Preis zugleich eine Anerkennung der deutschen Sprache und des deutschen Beitrags an die Kultur bedeutet, sehe ich eine Gebärde der Versöhnlichkeit und des guten Willens, die geistige Zusammenarbeit aller Völker wieder anzubahnen.“

Geschrieben 1946, ein Jahr nach Kriegsende und einer von deutschem Boden ausgehenden Verwüstung Europas. Günter Grass war zwei Jahre zuvor als Minderjähriger in die SS eingetreten und hat mit Glück den Krieg überlebt. Seine SS-Mitgliedschaft gab er allerdings erst Jahrzehnte später und nach der Verleihung des Nobelpreises bekannt. In der Begründung der Nobel-Kommission für die Verleihung an Grass heißt es: „weil er in munterschwarzen Fabeln das vergessene Gesicht der Geschichte gezeichnet hat“. Der israelische Innenminister Eli Jischai erklärt im israelischen Rundfunk nach dem Grass-Gedicht „Was gesagt werden muss“: „Man müsste Grass eigentlich den Literaturnobelpreis aberkennen.“
Heute ist es zu spät

Wenn wir als Kinder bei den Großeltern übernachteten, erzählte Großvater morgens im Bett immer Kriegsgeschichten, während Oma Frühstück machte. Besonders gut konnte er die Geräusche der Stalinorgeln nachmachen. Die der Geschosse, die ohne Pause über die Schützengräben Richtung Etappe flogen. Die Soldaten schissen sich dabei stundenlang in die Hosen. Und Opa erzählte, dass alle beteten, dass die Jungs von der Waffen-SS bloß bald kämen. Denn die waren wohl todesmutig oder wahnsinnig genug, unter „hohem Blutzoll“ die eingeschissenen Wehrmachtsoldaten aus ihrer misslichen Lage zu befreien: Das ist mir in Erinnerung geblieben. Von irgendwelchen Judenabtransporten erzählte Opa nichts, aber warum sollte er sie nicht gesehen haben? Oma erzählte auf Nachfrage von ihrem Büro in Breslau und einem Blick auf den Hinterhof, wo sie sah, dass da Hunderte von Menschen auf Koffern auf ihren Abtransport warteten. Juden, wie sie am Stern erkannt hatte. Und auch die jüdischen Nachbarn wären ja irgendwann „alle weg gewesen“. Angeblich ausgewiesen. Von KZs hätte man nichts gewusst. Erst nach dem Krieg erfuhr man das. Hatte Opa nichts erzählt auf Heimurlaub? Was hatte er auf dem Weg durch Polen tief nach Russland hinein davon gesehen? Damals habe ich nicht nachgefragt, heute ist es zu spät.

Warum ich das erzähle? Weil ich relativieren will. Es war also nicht jeder SS-Mann automatisch auf einem KZ-Wachturm im Dienst. Dafür waren es auch viel zu viele. Selbst wenn man das Personal für die Transporte mit einrechnet. In Todesangst hoffte man also auf jene Kameraden, die den Tod im Gepäck hatten, und zwar nicht nur für die hinter den Stalinorgeln, sondern eben auch für Millionen Juden, Homosexuelle und Andersdenkende. Einer, auf den Großvater in Todesangst hoffte, hätte also Günter Grass sein können. Vorausgesetzt, ich habe als Kind morgens vor dem Frühstück richtig zugehört. Mit Grass waren damals junge Männer in der SS wie Franz Schönhuber, später stellvertretender Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks und Träger des Bayerischen Verdienstordens. Mein Großvater war nie in der SS, aber er hätte eintreten können. Warum tat er nicht, was Schönhuber und Grass taten? Überlebensinstinkt? Fehlender politischer Fanatismus?

Schönhuber bekam den Bayerischen Verdienstorden und Grass den Literaturnobelpreis. Mein Opa bekam mal einen Preis für den dicksten Kürbis beim Wettbewerb im Kleingartenverein. Beim späteren Schlachten schmeckte der gar nicht, weil er viel zu holzig war und musste weggeschmissen werden.
Die Banalität des Bösen

Natürlich hat nicht jeder überlebende SS-Junge im neuen Deutschland Karriere gemacht. Ist das am Ende sogar nur ein Detail, so wie es ein unwichtiges Detail ist, dass mein Opa da nicht eingetreten ist? Ich hatte einen Nachbarn, der war weit über neunzig und ebenfalls SSler gewesen. Und der hatte mir mal quasi über den Gartenzaun hinweg erklärt, dass Juden ja alle ein genetisches Problem hätten, die könnten beim Sex auf dem Höhepunkt ihre Ausscheidungsorgane nicht kontrollieren. Würden dabei also koten und urinieren. Ich erzähle diese Ungeheuerlichkeit dieses irren Alten, weil es mal „gesagt werden muss“. Und weil der Alte, der mir diese irrsinnige Boshaftigkeit bei strahlendem Sonnenschein erzählte, eben auch immer mit unseren Kindern nett war, immer sonntags mit dem Rucksack zum Wandern ging und auf seinen guten Gesundheitszustand angesprochen meinte, das damals eben nur die Besten überlebt hätten. Mittlerweile ist das Arschloch verstorben. Nach dieser Entgleisung war er natürlich nie mehr der nette Alte von nebenan, der zwar in der SS, aber schon genug dafür gestraft war, weil er ja bis 1956 in russischer Kriegsgefangenschaft ausharren musste. Ein über 90-Jähriger. Einer der eben 1944 nicht 17 war, sondern wahrscheinlich 17-Jährigen erklärte, was einen SSler ausmacht, wie ein SSler zu denken habe und was der zu glauben hätte. Und viele glaubten ihm dann eben auch.

Grass zweites Gedicht dieses seltsamen neuen Anklagegedicht-Genres, auf das Grass sicher bald so etwas wie eine Urheberschaft bekommt, heißt „Europas Schande“. Und Schande ist auch so ein großes Wort. Ein antiquiertes. „Schande“, veraltet „Schmach“ prangert sittliche Verfehlungen an. Grass spricht davon, dass Griechenland nackt an den Pranger gestellt wurde von einem „Rechthaber Macht“, von einem „Krösus“, der alles „was gülden glänzt gehortet in Deinen Tresoren“. Und nur der gute Sokrates wird darüber zornig und wir alle in Europa werden „geistlos verkümmern (…) ohne das Land, dessen Geist Dich, Europa erdachte“. Und obwohl ich sein erstes Gedicht noch vehement verteidigt habe, schwingt mir dieses Mal etwas übel mit, das nicht nur „angenehm irritiert“, sondern wütend macht. Hat der junge Ex-Kamerad meines verstorbenen Nachbarn ein Aufmerksamkeitsdefizitproblem? Hat mein Opa die Stalinorgeln überlebt, weil manche dieser Jungs nicht auf ihr Überleben achteten? Nicht auf ihr eigenes, aber eben noch viel weniger auf das von Millionen Unschuldigen? Grass macht sich Sorgen um Europa. Das ist schön. Grass hat sich verdient gemacht um die Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Dafür bekam er den Nobelpreis. Manchmal ist es richtiger zu sagen: Ach, scheiß drauf.

Donnerstag, 24. Mai 2012

"ARBEIT IST SCHEISSE!"


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www.theeuropean.de Kollege Alexander Kissler überschrieb seine letzte Kolumne mit „Halt’s Maul!“ Damit bezog er sich auf Plakate von „Demonstranten“ vor Günther Jauchs Studio während der Sarrazin-Steinbrück-Session mit der Aufschrift: „Halt's Maul Deutschland!“

Der Slogan ist ja nicht neu. Erstmals entdeckte ich ihn wohl auf ausrangierten Bundeswehr-Parkas in den frühen 1980ern. Da standen auch so Wahrheiten wie „Arbeit ist Scheiße!“ Das ist mir bis heute sympathisch geblieben. Weil es ja in den allermeisten Fällen zutrifft und trotzdem nicht heißt, das man nicht einfach weiter arbeitet. Arbeiten heißt Geld verdienen. Und ein Klischee über uns Deutsche lautet: arbeitsgeil. Könnte sogar stimmen, wenn man sieht, wer am Ende vom erarbeiteten Geld alles gut leben kann: die, die nicht mehr arbeiten können ebenso wie die, die keine Arbeit finden.

Das war im Übrigen bis Anfang der 1990er Jahre sogar ein gesellschaftliches Agreement: Ja, am Stammtisch wurde zwar weiter gemosert, aber unsere Bedürftigen blieben uns eine Herzensangelegenheit. Klar blieb nur: Wer arbeitet, verdient auch mehr, als es umsonst gibt. Und der muss dann auch nicht mehr zum Amt um dort zusätzlich zu den laufenden Bezügen umständlich Waschmaschinengeld und Altmöbelgutscheine zu beantragen.

Und so lebten wir BRD-Deutschen also so vor uns hin. Ach Quatsch, wir waren sogar glücklich und zufrieden. Das zumindest empfinden heute nostalgisch die fast noch am meisten, die damals diese komischen Parka trugen.

Ende gut alles gut? Nö, denn dann passierte, was passieren musste: „Herr Lehmann“ kam über uns. Also alles das, worauf es bei Sven Regener in seinem gleichnamigen Mega-Bestseller so wunderbar zusteuert: Kohl hatte Gorbatschow gerade beim Käffchen die DDR abgekauft und unsere bis dahin an gemeinsamer Gemütlichkeit mäßig interessierten westeuropäischen Nachbarn kamen auch schnell noch mit leeren Tellern vorbei – wollten also auch ein Stück vom Kuchen.

Und da unser Helmut in „Wir-schreiben-Geschichte“-Spendierlaune war und alle gerade so schön beieinander saßen, schlug er niemandem einen Wunsch ab, solange die Verwandten aus der DDR nur mit am Tisch sitzen durften. Und sie durften. Sogar solange sie wollten. Und wie die wollten! Am meisten die D-Mark. Und sie bekamen die D-Mark. Und während die blassen Tanten und Onkels versonnen mit den begehrten Scheinchen spielten, flüsterten, zischten und wisperten die ungebetenen Tellergäste in den Ohren des Gastgebers, das dem ganz mau und schwindelig wurde. So schwindelig, das er in der Bedrängnis anfing zu schwindeln. Und so wurde aus der D-Mark der Euro. Nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern Europas.


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Gut, beim Umtausch der unterschiedlichen Währungen an der fröhlichen Kaffeetafel schummelten schon die ersten kräftig, aber der kräftige Gastgeber nahm's mit Humor, war eben ein gutgelaunter Pfundskerl der Pfälzer Junge. Aber kein blöder! Denn insgeheim war er sich ganz sicher: Arbeit ist zwar scheiße, aber wir können einfach nicht anders. Wir Deutschen sind zum Arbeiten geschaffen. Wir haben uns von den Brandstiftern zu den Drohnen Europas entwickelt.
Und wir sind sogar noch stolz drauf.

Also ließen wir die zufriedenen Nachbarn Siesta machen und hauten nach der Kaffeeklatsche wieder kräftig rein. Mittel- und Westdeutsche gemeinsam. Und schwuppdiwupp hatte wir wieder die meisten Scheine in der Tasche und freuten uns wie Bolle. Klar, die Bedürftigen waren zwischenzeitlich auch etwas mehr geworden, und die Stammtische moserten lauter und gemeiner – besonders über die, die nicht auf deutsch „Danke“ sagen konnten, aber geschenkt. War ja genug da und was nicht da war, das wurde halt kurzfristig gepumpt, Hauptsache, die Kaffeetafel blieb für alle reichlich gedeckt.

Aber irgendwann kamen die Nachbarn auch noch regelmäßig mit leeren Tellern zum Abendbrot. Und da weiß man spätestens seit Thea Dorns „Deutsche Seele“: Das Abendbrot ist den Deutschen heilig. Und da wird auch längst nicht so üppig serviert wie beim Kaffeetrinken. Das deutsche Abendbrot ist keine Tortenschlacht, sondern eine Heimkehr. Eine Besinnung. Ein notwendiges Ausruhen vor dem Schaffen am nächsten Tag. Und während der gute Kohl vielleicht auch gerade beim Abendbrot saß, saßen wir da ganz verloren mit der hungrigen Nachbarsmeute und fühlten uns auf einmal sehr unwohl.

Die nette Mutti von drüben die neuerdings den Ton angab, bemühte sich zwar noch redlich die Teller mit immer mehr Schnittchen auf Pump vom Frankfurter Catering-Service zu füllen, aber es gab immer einen, der sich übergangen fühlte.
Irgend so ein neuer Gast der dann ganz irritiert fragte, wann denn nun endlich die hingehaltenen Teller gefüllt werden.

Also erklärte Mutti höflich aber ganz doll verlegen: „Leider nichts mehr da. Zu viele Gäste heute.“ Staunen. Und dann die postwendende Antwort: „Ach, halt’s Maul Deutschland!“ Das machte uns sehr traurig. Immerhin wurde Mutti beleidigt. So traurig, das wir am nächsten Tag nicht einmal mehr Lust zum Arbeiten hatten. Da konnte Mutti noch so viel reden und betteln. Wir hatten einfach keine Lust mehr. Aber vertragen wollten wir uns wenigstens wieder. Also gingen wir alle zusammen rüber zum Nachbarn. Klopften freundlich, nahmen einen nach dem anderen in den Arm und sagten: „Ach, Ihr habt ja eigentlich völlig recht: Immer nur Arbeit – das ist doch wirklich eine große Scheiße.

Montag, 21. Mai 2012

STEINBRÜCK UND SARRAZIN BEI GÜNTHER JAUCH

Ich habe mir mal die Mühe gemacht – auch weil ich es für den weiteren Verlauf der Debatte für absolut sinnvoll halte – den "Wortlaut Steinbrück" aus der Jauch-Sendung aufzuschreiben.
Um die verschiedenen Standorte in der Debatte zu verstehen, hilft es die ersten Beiträge des Herrn Steinbrück nachzulesen (im Folgenden so aufgezeichnet wie akustisch verstanden). Soll also jeder aus diesen – zumindest für mein Verständnis – in ihrer erstaunlichen Deutlichkeit absolut selbstentlarvenden Statements Steinbrücks seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen.:


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Steinbrück zur Frage nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Euro: „Ich würde gerne auf die politische Bedeutung (des Euro) sehr viel stärker eingehen.“

„Die europäische Währung ist eine tragende Säule der europäischen Integration. Und diese europäische Integration ist ein Glücksfall für Deutschland.

Mein Hauptvorwurf ist die Geschichtsblindheit, die Geschichtsvergessenheit, die in diesem Buch zum Ausdruck kommt. Weil Deutschland dieser europäische Integration nach 1949 die Aufnahme in eine westliche Völkergemeinschaft verdankt. Den Wiederaufbau, die Demokratie – letztlich auch die Wiedervereinigung.

Weil viele Länder um uns herum gesagt haben, die Deutschen haben sich in dieser europäischen Integration so gut bewährt und haben so konstruktiv in den europäischen Gremien mitgearbeitet, das wir es zulassen, das in der zentraleuropäischen Geographie wieder ein so dicker fetter politischer ökonomischer Klotz ist.

Daraus resultieren dann aber wieder Verpflichtungen. Daraus resultiert dann eine europapolitische Verantwortung. Die läuft darauf hinaus, dass der Satz 'scheitert der Euro, scheitert Europa“ als Floskel, als Formel vielleicht unzureichend ist: Aber ich bin davon überzeugt, wenn es zu einer monetären Rückentwicklung käme in einzelnen Regierungen, dann würde die europäischen Integration um Jahrzehnte zurückgeworfen werden, es würde zu einer wahnsinnigen Dynamik von Auf- und Ab-Bewegungen der nationalen Währungen kommen. Wir hätten es mit einer Destabilisierung Europas zu tun.“


Jauch: „Warum mangelt es Politikern, wenn es um den Euro geht so oft an Ehrlichkeit und an Transparenz um den Menschen klar zu machen, worum es eigentlich geht?“

Steinbrück: „Weil wir über sehr komplexe ökonomische Zusammenhänge reden, wie man gerade auch hören konnte von Herrn Sarrazin. Die sind sehr schwer nachzuverfolgen oder zu dekodieren.
Weshalb ich auch einen anderen Einstieg wählen möchte:
Der Euro ist eine wichtige tragende Säule dieser europäischen Integration und diese europäische Integration ist in meinen Augen die Antwort auf 1945 und die Antwort auf das 21. Jahrhundert. Und beides kommt bei Herrn Sarrazin nicht vor.

Im Gegenteil, die Art der Banalisierung die in diesem Buch vollzogen wird mit Blick auf die Verantwortung Deutschlands für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts bis hin zu einer sehr abwehrenden diskreditierenden Bemerkung auch was die deutsche Verantwortung aus dem Holocaust betrifft, die sind so geschichtsvergessen, das ich sie wirklich zurückweisen möchte.

So geht das nicht. Sondern dieses Deutschland hat eine enorme Verpflichtung aus der Integration von der es sehr profitiert hat, Verantwortung zu übernehmen in Europa und Solidarität zu gewähren. Und dabei spielt der Euro eine Rolle.

Ich bin felsenfest davon überzeugt, wenn wir zu der These kämen, das wir den Euro nicht brauchen, und sie dann ja mindestens anlegen die Notwendigkeit oder die Möglichkeit, das der Euro wieder verschwindet – (wir) also eine Rückkehr zu den ganzen Währungen haben in Europa – die Folge eine politische Re-Nationalisierung Europas wäre, unter Begleitung von teilweise sehr dumpfbackigen, sehr nationalistischen Tönen für die es in einigen europäischen Ländern sogar schon Parteien gibt. Das blenden Sie vollständig aus. Vollkommen.“

„Helmut Schmidt hat gesagt, wenn wir die Urmotive der europäischen Integration nicht gegenwärtig haben, wenn wir die deutschen Verpflichtungen aus der Geschichte des 20.Jahrhunderts nicht präsent haben, dann fehlen uns die politischen Voraussetzungen um mit der derzeitigen prekären Lage in Europa fertig zu werden.

Das ist sein Ansatz und dem stimme ich vollständig zu. Deutschland hat eine europapolitische Verantwortung diesen Kontinent oder diese europäische Union zu stabilisieren. Daraus ergeben sich Solidaritätsverpflichtungen. Wir müssen sehen, das eine Erschütterungsdynamik die Europa bei einer Infragestellung des Euro erwischen kann, staatliche und gesellschaftliche Ordnungen in Frage stellen können. So weit kann es gehen.

Wir reden nicht nur über die ökonomischen Implikationen. Wir reden über die Destabilisierung ganzer europäischer Gesellschaften. Und da sind wir in einem sehr großen Geschichtsbewusstsein offenbar auseinander.

Ich sage: Not frisst Demokratie. Armut frisst Stolz und Hoffnung bei den Menschen.

Und daraus ergibt sich eine Verpflichtung diesen Euro in einer sehr schwierigen Situation zu stabilisieren und aufrecht zu erhalten und das kommt in diesem Buch zu kurz.

Sie machen eine sehr platte ökonomistische Analyse, der ich übrigens in der ökonomischen Betrachtung der Vor- und Nachteile nicht folge. Es gibt genügend Studien die ausweisen, das dieser Euro durchaus von einem erheblichen ökonomischen Nutzen für die Mitgliedstaaten dieser Eurozone gewesen ist."

Freitag, 18. Mai 2012

FÜR GOTT UND VATERLAND - Matussek bei Maischberger

Kolumne im THE EUROPEAN
http://www.theeuropean.de/alexander-wallasch/11104-aufregung-bei-sandra-maischberger?


http://www.welt.de/img/bildergalerien/crop106322669/5730717046-ci3x2l-w580-aoriginal-h386-l0/Menschen-bei-Maischberger-Folge-351.jpg

Tumulte. Aufgebrachte Menschenmassen, die auf Menschenmassen prallen. Dumpfer Sprechgesang. Hundertschaften hochgerüsteter Polizeibeamter. Lautsprecherdurchsagen. Gezückte Messer.
Nein, nein – wir sind nicht in Bonn, und es geht auch nicht um Pro NRW, die Salafisten und Messerattacken auf Polizisten. Jedenfalls noch nicht. Die Messer, die in dieser Szene blitzen, wurden nur gezückt, um den Elfmeterpunkt im Stadion der Fortuna Düsseldorf auszustechen und mit nach Hause zu nehmen.

Die Spieler der unterlegenen Hertha aus Berlin konnten zu dem Zeitpunkt allerdings nur auf Bitten der Polizei zurück auf den Platz geholt werden, um weitere Krawalle zu verhindern. Denn die Fans hatten den Platz in euphorischem Aufruhr schon Minuten vor dem Abpfiff gestürmt. Und für die Fortuna eine heikle Situation: Würde dem Traditionsverein für die Unbeherrschtheit seiner Anhänger der bereits sicher geglaubte Aufstieg aberkannt werden können?

Im Anschluss an dieses von religiös-ekstatischen Gemütszuständen begleitete Relegationsspiel – live übertragen von der ARD – folgte „Menschen bei Maischberger“. Reißerische Überschrift hier: „Die Salafisten kommen! – Gehört dieser Islam zu Deutschland?“ Anlass der Sendung waren die Ereignisse wenige Tage zuvor in Bonn: der Zusammenstoß zwischen Anhängern der im NRW-Verfassungsschutzbericht als verfassungsfeindlich eingestuften Partei Pro NRW mit einer Mohammed-Karikaturen-Provokation und Anhängern der ebenfalls als verfassungsfeindlich eingestuften Salafisten, einer ultrakonservativen Strömung innerhalb des Islams. Salafisten, aus deren Reihen heraus 29 Polizisten verletzt und zwei weitere brutal niedergestochen und lebensgefährlich verletzt wurden.

Wie also mit dem Zusammenstoß in Bonn umgehen? Soll für die Salafistenführer verfassungsrechtlich das Gleiche gelten wie sportrechtlich auf dem Platz für die Fortuna? Kann, muss oder soll eine religiöse Gruppe verantwortlich gemacht werden für die Messerstechereien ihrer Fans? Und wen lädt man ein, um so etwas zu besprechen? Klar zunächst: einen politischen Entscheidungsträger. Die Wahl fiel auf den Talkshow-Veteranen und christlichen Politiker Wolfgang Bosbach (CDU), legitimiert für die Diskussion als Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestags. Der zweite Fachmann: ein ebenfalls Talkshow-erfahrener Vertreter der einheimischen Religion: Bestsellerautor des Buchs „Das katholische Abenteuer“ Matthias Matussek. Neben ihm in der anderen Ecke des hellen Talkledersofas: Michel Friedman, gewissermaßen als Anwalt oder Vertreter der zweiten einheimischen Religion, des Judentums. Die erste Bank also schon mal voll und zu ruhigeren Zeiten in der Besetzung durchaus ausreichend für eine munter plätschernde Rupperei.


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Aber darum ging es an diesem Abend nicht. Es sollte ja um viel mehr gehen: um Entwarnung oder Feststellung einer Bedrohung für die Bundesrepublik Deutschland und seine Bürger und gegebenenfalls um die Wahl der Maßnahmen, um so eine Bedrohung abzuwehren. Das zumindest war wohl Annahme und Hoffnung Hunderttausender gespannter Zuschauer. Mit am Tisch als Anwälte für den Islam: drei Muslime mit unterschiedlichen religiösen Standorten: die als dauerlächelnde Neu-Muslima irgendwo in London hängengebliebene und vergessene Ex-MTV-Moderatorin Christiane Backer, die türkischstämmige deutsche Schauspielerin Renan Demirkan, und der von „Bild“ und dem Verfassungsschutz zum „Hass-Prediger“ („Bild“) gekürte Imam Hassan Dabbagh, um den herum die illustre Runde ganz offensichtlich drapiert wurde.

Nicht nur die optischen Gegensätze beeindruckten. Schnell wurde klar, wem Maischberger in der Sendung das Füllhorn der meisten Redebeiträge zugedacht hatte: dem weiß gekleideten Vollbartträger Dabbagh. Von der Mattscheibe aus konnte man nicht sagen, ob es mehr daran lag, dass die Moderatorin offensichtlich einen Totalblackout hatte, oder schlicht von ihrer Tollkühnheit beseelt war, diesen trotz Rainer-Langhans-Kostüm so befremdlich wirkenden Prediger überhaupt eingeladen zu haben – jedenfalls verbuchte der 2009 vom Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung und von der Volksverhetzung freigesprochene Vereinsvorsitzende und Imam der Leipziger Al-Rahman-Moschee die mit Abstand meisten Sprechminuten des Abends.
Typen wie Dabbagh meint man ja sonst nur aus Afghanistan-Videos oder aus der „Tagesschau“ zu kennen. Aber vom TV aus gibt es keine Berührungsängste. Nein, Menschen wie der Imam begegnen einem nicht mal eben im Supermarkt auf ein Pläuschchen oder in der Pause im Deutschen Theater. Lässt der eigentlich einkaufen, oder lebt der selbstghettoisiert dort, wo unsereiner nicht mehr willkommen ist? Ob sie nun stimmen oder nicht: Jedenfalls werden von Anfang an alle Ressentiments bedient.

Das Positive an solchen Zusammenstellungen: Sie bieten zumindest prinzipiell die Chance, Klischees geradezurücken und festgefahrene Meinungen zu revidieren. Was ja angesichts der Messerattacken dringend nötig ist. Auf der Straße, am Kiosk und an den deutschen Wohnzimmertischen sorgte dieser Angriff auf den deutschen Rechtsstaat für Empörung. War das nun der Beginn einer schon lange prophezeiten Auseinandersetzung? Krieg der Kulturen im eigenen Land? Aber leider wurde eine mögliche Zäsur der Sprachlosigkeit an diesem Abend zunichtegemacht. Und das lag nicht allein an der völlig überforderten Moderatorin. Michel Friedman kam ganz offensichtlich nur, um ein weiteres heiter-taktisches Stück Selbstdarstellung in die Kameras zu posten. Die vergessene Moderatorin kam, um ihre neue Konvertiten-Autobiografie im unerträglichen Nena-Iris-Berben-Sprech zu bewerben. Bosbach war trotz vieler Sympathiepunkte dann doch zu routiniert. Und die Schauspielerin Renan Demirkan nervte mit stereotypen Empörungsattacken als Dauerunterbrechung.


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Nein, die Intensität in der Haltung zum Thema war nie auf demselben hohen Level. Das sollte Matthias Matussek im Verlaufe des Talks leider zum Verhängnis werden. Ein gemeinsamer Wille, ein gemeinsames Thema von verschiedenen Standpunkten aus zu durchleuchten: Fehlanzeige. Erstes Fazit: Diskutiere nur über Deutschland – über den Glauben in Deutschland – mit Menschen, die mindestens eine Haltung zu Deutschland haben. Matthias Matussek hat eine Haltung zu Deutschland. Und er hat sie bereits vor Jahren in seinem Bestseller „Wir Deutschen“ nachhaltig definiert. Aktuell kommt nun seine Haltung zur einheimischen Religion dazu. Der Mann ist Katholik. Und das ist er so gerne und mit einer Überzeugungskraft, die sein Bekenntnis „Das katholische Abenteuer“ zum Bestseller gemacht hat.

Matussek saß da nun also mit seinen beiden Herzensangelegenheiten neben Friedman auf dem Sofa. Mit Blick mal auf den Imam aus Leipzig und mal auf Bosbach. Die Muslima und Moderatorin Maischberger schlossen den Sofakreis.

„Glaube ohne Vernunft artet aus in Intoleranz. Das kann der Glaube auch nicht aushalten“, startet Matussek einen ersten kurzen Redebetrag. „Wenn wir in einem Land wie Deutschland leben und wir sind eine Minderheit, müssen wir uns an die hiesige Ordnung halten“, kontert Imam Hassan Dabbagh etwas später. Und er legt noch einen drauf, indem er feststellt: „Nicht alle Politiker sind Lügner, aber die meisten Lügner sind Politiker.“ Da kocht es bereits sichtbar in Matussek, während Friedman einfach weiter grinst, als ginge ihn das alles gar nichts an. Nicht Deutschland, nicht der Glaube, eben wie immer gar nichts außer Friedman selbst. Matussek zeigt Hochnotkörpersprache. Der Kopf so weit von allem weggedreht, wie es das Sofa gerade noch zulässt. Attitüde? Nein, aschfahles Gesicht – der Mann leidet offensichtlich. „Die Frau hat mehr Rechte im Islam als in jeder anderen Religion!“, erhöht der Imam seinen Einsatz. All-In? Klar, Frauen – da folgt natürlich Demirkans erster Wortbeitrag: „Ich war selten in einer Sendung so aufgeregt. Ich bin tief berührt. Mir klopft das Herz.“ Dann an Matussek und den Imam gerichtet: „Sie beide sind eigentlich zwei Seiten einer Medaille. (…) Zwei totalitäre Systeme, hermetisch abgeriegelte Gedanken. (…) Das Hakenkreuz ist auch so eine Ideologie.“ Ja um Himmelswillen, da kann man noch so friedlich eingestellt sein, selbst einem völlig emotionslosen Vertreter DER traditionellen Religion in Deutschland müsste da der Kragen platzen. Man ahnt bereits, wie es da in Matussek brodeln muss. Aber im Gegenteil, er setzt noch tapfer zur Gegenrede an und wird zum ersten Mal von vielen weiteren Malen von Maischberger unterbrochen: „Stop!“ Immer wieder „Stop!“, abgewinkt und in eine irgendeiner blöden Talk-Dramaturgie folgenden Richtung umgelenkt. Mit erhobenem Zeigefinger. Es ist ein elendes Trauerspiel.

Und ich bin so sicher wie lange nicht mehr: Matussek war nie so stark wie in diesem Moment. Denn die durch „Stops“ und dauernde Unterbrechungen erzwungene Sprachlosigkeit ist die Sprachlosigkeit der Straße. Der Deutschen in ihrer Gesamtheit. Was eine sofortige Identifikation, eine Solidarisierungswelle mit Matussek verhindert, ist allein die Unfähigkeit dieses zutiefst erregten und gekränkten Menschen, weiter im Wettstreit um die gewinnendste Eloquenz zu verharren. Diese Lücke füllt Bosbach. Er gewinnt die Meisterschale eines schalen Eloquenz-Wettbewerbs. Einzig deshalb, weil Matussek zu seinem alle Emotionen auf sich vereinenden Zwilling wird. Das ist kein Pathos, das ist real. An Matussek wird sich nun ausgetobt. Bei Bosbach kann dann entspannter zugehört werden.

Das ist das hohe Christentum des Matthias Matussek. Und kann es denn etwas Christlicheres geben als diesen für viele unsympathisch wirkenden Auftritt, geboren aus einer tiefen Verletztheit? Für die Sache seines Glaubens? Ganz ohne Messer und Sprengstoffgürtel? Matussek ist einer der intelligentesten Schreiber, den Deutschland hat. Ein Analyst mit den großen Emotionen eines weißen Elefanten, der sich in diesem Moment nicht zu schade ist, für seinen Glauben aufzustehen.
Warum bleibt er nicht einfach sitzen, entspannt, palavert, pudert die Zuschauer mit Zucker ein? Er hätte doch die Erfahrung, er hätte die Worte, es wäre ihm doch verdammt ein Leichtes.

Aber Matussek will nicht mehr. Er hat schlicht die Schnauze voll, so wie Millionen Deutsche – ob nun katholisch, evangelisch oder gar nichts – mit ihm. Es geht Matussek nicht um Populismus. Nicht darum, dem Mainstream nach dem Maul zu reden. Matussek ist kein Politiker, er muss keine Wahl gewinnen. Er steht hier ganz einfach unbelehrbar im positivsten Sinne für seinen Glauben, für den Glauben seiner Väter und Großväter. Für das christlich-jüdisch geprägte Abendland. Es ist sein mit weitem Abstand größter Auftritt. In einer die gesamte Runde beschämenden Authentizität. Nachhaltig. Bleibend. Nachwirkend!

Das erkennen dann viel später auch die ersten Mitdiskutanten. Backer wird nach der Sendung auf Facebook gemein behaupten, Matussek hätte sich im Anschluss an die Sendung mit Friedman geprügelt. Freunde rufen mich entsetzt an und fragen, was denn mit Matussek los war. Und ich antworte unisono: „Großartig, oder? In seiner ganzen Verletztheit doch eine wunderbare Werbung für seinen katholischen Glauben, das kann und muss ich sogar als Atheist zugeben.“

Wann war jemand zuletzt, wo es – sagen wir mal – nicht um Fußball geht, sondern um die elementaren Dinge des Lebens, für eine Sache so aufgebracht wie Matussek für seinen Glauben bei Maischberger? Darum sollten wir ihn alle beneiden.

Samstag, 12. Mai 2012

Mutter ohne Wert - Vergesst Muttertag - von RA Heinrich Schmitz

Ich finde: Schöner als Blumen, was Heinrich hier zum Muttertag präsentiert. Ein gute Sohn und Vater. Hut ab!



VON RA HEINRICH SCHMITZ

Haben Sie heute auch schon ihre liebe Mutter und den Blumenhändler beglückt ?

Muttertag, Ehrentag aller Mütter - was für ein seltener Blödsinn. Mütter haben doch in der Wirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland einen
Stellenwert von äußerst untergeordneter Bedeutung: Klar, sie sind absolut notwendig, ohne sie stirbt Deutschland auch ohne sarrazinsche
Überfremdungsphantasien aus, aber was sind sie uns denn wirklich wert ?

In Euro, nicht in Muttertagsreden und Blumensträußen ? Eher wenig.

Machen sie sich einmal den Spaß und fragen die Rentnerinnen in ihrer Nachbarschaft nach der Höhe ihrer Rente, einfach so. Und dann fragen sie
mal diejenigen mit den niedrigsten Renten, ob sie Kinder haben. Sie werden sehen, die werden ihnen das bestätigen. Ist ja auch nicht leicht,
gleichzeitig Kinder zu bekommen, groß zu ziehen und auch noch kräftig in die Rentenkasse einzuzahlen.

Halt, werden sie sagen, Mütter bekommen doch Erziehungszeiten angerechnet. Stimmt, aber das ist nicht mehr als ein kleines Tröpfchen auf den heißen Stein der Altersarmut.

Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden bekommt eine Mutter ein Jahr angerechnet, für die danach geborenen immerhin drei Jahre. Für die übrige Zeit, in der die Mütter sich um ihr Kind statt um ihre Karriere gekümmert haben, bekommen sie einmal im Jahr einen Blumenstrauß, und den
auch nicht vom Staat. Der nimmt lieber von den Kindern der Mütter Steuerzahlungen entgegen. Und wenn die Mutter dann später einmal
heimpflegebedürftig wird, nimmt er von den Kindern auch wieder Geld.

Schließlich geht's ja um ihre Mutter, da sollen die mal schön die Pflegekosten aufbringen. Da hat der Staat doch nichts mit zu tun.



Die Kinderlosen, die schon gerne auf den alljährlichen Klassentreffen auf die "doofen" Mütter herabgesehen haben, die sich auf Kinder und Familie konzentriert haben, können da erneut süffisant lächeln. Ihre Rente ist ja viel höher - und wenn sie trotzdem nicht für's Heim reichen
sollte, zahlen ja die Kinder der "doofen" Mütter über ihre Steuern für die anderen noch mal mit. Wer soll's denn sonst zahlen ?

Das ist unfair den Müttern gegenüber und ungerecht gegenüber deren Kindern. Da müssten doch eigentlichdie Mütter rebellieren und auf die
Straße gehen, zum Beispiel am Muttertag, so wie es die Arbeiter früher am 1.Mai gemacht haben, bevor sie nur noch mit roten Nelken im Knopfloch
zum Frühschoppen wankten um die alten Kampfgesänge anzustimmen. Tun sie aber bisher nicht, sind halt brave Mütter.

Und die Regierung, der Staat, die Parteien ?

Die entwickeln immer wieder ganz tolle Ideen für die Mütter. Ein Betreuungsgeld soll her, damit die Mütter, die nicht arbeiten und statt
dessen zu Hause bei ihren Kindern bleiben einen Ausgleich bekommen. Erst 100.--€, später 150.--€. Das ist doch eine prima Sache, oder ?. Nein,
ist es nicht. Es ist nur eine unglaubliche Verarsche. Selbst wenn die zu Hause betreuende Mutter das Geld umgehend in die Rentenkasse einzahlen würde, wäre ihr Rente nur minimal höher.

Richtig die Sau raus lassen geht mit 150.--€ im Monat, statt eines Durchschnittsgehalts, auch nicht wirklich. Was soll also dieser Unfug, der den Staat zwar etwas Geld kostet, den Müttern aber nichts richtiges bringt ? Augenwischerei mehr nicht.

Welche halbwegs intelligente Frau, die nicht zufällig von Hause aus zu viel Geld hat oder ohnehin dauerhaft von Sozialhilfe leben möchte, wird denn noch mehr als höchstens ein Kind bekommen wollen, wenn sie dafür bei der Altersversorgung mitAlmosen abgespeist wird ?

Warum sind Mütter, die ihre Kindervor 1992 geboren haben , eigentlich weniger wert, als
die, die erst danach gebärten ?Gab's nicht einen Gleichheitssatz in der Verfassung ? Alles Fragen, die einen geradezu anspringen.



Die richtigen Antworten kann nur der Staat geben. Warum sollte nicht jede Mutter soviel Erziehungszeiten angerechnet bekommen, wie sie auch tatsächlich geleistet hat ? Sagen wir mal 6 Jahre pro Kind ? Glaubt irgendjemand, vor 1992 wäre die Zeit der Erziehung eines Kindes nach
einem Jahr abgeschlossen gewesen und nach 1992 nach drei Jahren ? Wohl kaum.

Mütter werden in einem geradezu verfassungswidrigen Maße schamlos vom
Staat über den Tisch gezogen und dass, obwohl die Familie in Art. 6 GG unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung steht und - Mütter
aufgepasst ! - esin Art. 6 Abs. 4 GG sogar lautet: "Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft." Das steht da
wirklich.

Und kümmert es einen ? Adenauer glaubte noch , "/Kinder/ kriegen die Leute sowieso." , was er nur glauben konnte, weil zu seiner Zeit
Verhütung Glückssache war, heute glaubt das niemand mehr. Wer Kinder will, muss Mütter wollen und wer Mütter will, muss sie finanziell
absichern. Kinder zu bekommen ist eben mehr als ein Privatvergnügen, es ist auch eine notwendige Voraussetzung für den Erhalt des eigenen
Volkes.


http://view.stern.de/de/picture/1528646/Babyfoto-Ich-mein-Baby-Schwarz-People-510.jpg

Es ist auch nicht damit getan, dass Mütter ihre Kinder betreuen, wie das Betreuungsgeld suggeriert, sie müssen sie auch noch erziehen.
Das ist Arbeit, unbezahlte Arbeit, eine Art zwangsweises Sonderopfer.

Ja wer soll das denn alles finanzieren ? Wie wär's denn, mit denjenigen, die auf den Klassentreffen lächeln, die kinderlos Karriere gemacht haben und ihren niegelnagelneuen Porsche neben dem Kinderwagen parken ? Warum sollten nicht die Rentenbeiträge für kinderlose Menschen, egal ob Männer oder Frauen, höher sein, als die für Mütter ?

Die Kinderlosen profitieren doch davon, das andere ihnen die Steuerzahler gebären, die
später nicht nur für ihre Renten, sondern auch für ihre Pflege aufkommen müssen. Klar, es gibt natürlich auch ungewollt Kinderlose ( und es kann
und darf auch keinen Zwang zum Kinderkriegen geben ) , aber auch die können halt mehr Geld verdienen und höhere Einzahlungen in die
Rentenkasse leisten, als die Mütter.

Die höhere Belastung der Kinderlosen in der Rentenkasse ist auch weder eine Strafe, noch sonst systemwidrig. Bei der Steuer gibt es ja auch Vorteile für Eltern.

Gleichzeitig könnten man noch den überflüssigen Splittingvorteil für kinderlose Ehepartner oder Lebenspartnerschaften abschaffen. Dafür
gibt's nämlich keinen vernünftigen Grund. Die kinderlosen Paare egal ob homo- oder heterosexuell haben durch ihr Zusammenziehen schon genügend Synergievorteile, da braucht es nicht noch zusätzliche Zückerchen.

Und kinderlose Paare sind für den Fortbestand des Volkes und des Staates eben weniger wichtig, als sich vermehrende Nichtpaare.

Jedes Jahr an Muttertag frage ich mich, wann sehen die Mütter vor lauter Legosteinen einmal diese Ungerechtigkeit, wann stehen die Mütter endlich einmal auf, schmeißen ihr blöden Blumensträuße vor das Kanzleramt und den Reichstag und fordern ihr Recht ? Sei es auf der Straße, sei es vor dem Bundesverfassungsgericht. Ich bin sicher, da geht noch was ! Allen Müttern, einen schönen Tag !

VON RA HEINRICH SCHMITZ

Freitag, 11. Mai 2012

Schöner Blog! Mal was fürs Gehirn.

Philgrundsyst's Blog



Suche nach Erklärungsmodellen für Systemische Strukturaufstellungen – SySt

BITTE HIER KLICKEN:
https://philgrundsyst.wordpress.com/2012/03/04/zeit-sinn-und-synchronizitat/


BERNHARD VON GURETZKY

Mittwoch, 9. Mai 2012

WARNSCHUSS! - In den Ofen? – von RA HEINRICH SCHMITZ

Wunderbar, unser RA Heinrich Schmitz erklärt, was wirklich dahinter steckt. Wie immer informativ, unterhaltsam und nachdenklich machend!




http://new.topnews.de/wp-content/uploads/2009/09/a2009092020325741735.jpg

Warnschuss - In den Ofen ? von RA Heinrich Schmitz

Am 18. April beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten, der am
27.4.2012 von den Koalitionsfraktionen in den Bundestag einbracht wurde.

http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/093/1709389.pdf

Neben einer Erhöhung der Jugendstrafe für schwerste Straftaten von Heranwachsenden - also jungen Volljährigen zwischen 18 und 20 Jahren -
von 10 auf 15 Jahre, enthält der Entwurf die Möglichkeit , zusätzlich zu einer Bewährungsstrafe einen Arrest zu verhängen, den sogenannten "Warnschuss"-Arrest.

Diese geplante Änderung ist insoweit etwas neues, als es das bisherige Sanktionensystem des Jugendstrafrechts sprengt. Bisher galt ein
dreistufiges System, angefangen von Erziehungsregeln über Zuchtmittel bis zur Jugendstrafe. Bei kleineren Delikten wie z.B. Ladendiebstahl einer geringwertigen Sache reicht es in der Regel aus, dem Jugendlichen
eine eindringliche Ansprache zu teil werden zu lassen, um ihn wieder auf die richtige Schiene zu setzten.

Bei etwas schwereren Fällen, bei denen aber keine schädlichen Neigungen erkennbar sind, werden die sogenannten Zuchtmittel , also z.B. der Jugendarrest eingesetzt. Und bei den ganz schlimmen Jungs ( Entschuldigung an die Feministinnen, aber bei Mädels
ist das ganz selten ) , also denen wo die schädlichen Neigungen vorliegen oder wo die Schuld besonders schwer wiegt, gibt's die
Jugendstrafe.

Bisher war es wegen der Mehrstufigkeit dieses Systems nicht möglich,neben einer Jugendstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt werden kann, weil
das Gericht erwartet, dass der Verurteilte alleine wegen der offenen Bewährung keine weiteren Straftaten mehr begehen wird, ein Zuchtmittel in Form eines Jugendarrestes zu verhängen. Das sah das Gesetz einfach nicht vor.

Zwar konnte man den Verurteilten mit Geldauflagen, sozialen Trainingskursen oder auch einer Menge an Sozialstunden an seine Verurteilung erinnern, man konnte ihm aber nicht einfach einmal zeigen, wie es sich denn so in Gefangenschaft lebt. Das kommt bei vielen
Jugendlichen in der Tat so an, als wären sie gar nicht bestraft worden.

Auf den ersten Blick scheint der Gesetzentwurf also eine sinnvolle Sache zu sein. Aber wie das oft so mit dem ersten Blick aussieht - der zweite
und der dritte Blick bringen mehr.

Dass das bisherige Sanktionensystem unlogisch durchbrochen wird - geschenkt. Das stört nur den Dogmatiker im Juristen, der logische Systeme bevorzugt. Oder ? Ist es nicht nachvollziehbar, dass die Erwartung des Gerichts, jemand werde künftig ohne Haft keine Straftaten mehr begehen geradezu einen Arrest erfordert ? Ach nee, passt irgendwie nicht.

Aber, dass die Gesetzesänderung in der Praxis trotz des innovativen Ansatzes nicht viel bringen wird, ist leider schon abzusehen.


http://www.smh.com.au/ffxImage/urlpicture_id_1067233323165_2003/10/30/31snap_chaingang,0.jpg

Der neue Warnschuss-Arrest soll innerhalb von drei Monaten nach der Rechtskraft des Urteil begonnen werden, was bedeutet, dass eine
Verbüßung nicht mehr erfolgt, wenn nach der Rechtskraft des Urteils drei Monate vergangen sind. Auch hier ein auf den ersten Blick guter Gedanke nach dem Motto "Die Strafe folgt auf dem Fuße". In der Praxis dürfte das aber kaum machbar sein.

Bis jetzt liegen zwischen Rechtskraft des
Urteils und dem Antritt eines Jugendarrestes nach meiner persönliche Erfahrung mindestens drei Monate. Wohlgemerkt nach der Rechtskraft des
Urteils, nicht etwa nach der Tat. Die liegt dann oft schon ein Jahr und länger zurück, was im Leben eines Jugendlichen eine verdammt lange Zeit
ist.

Wie der Arrestantritt zukünftig beschleunigt werden könnte, ist zwar klar, aber wohl für die zuständigen Länder nicht finanzierbar. Es müsste
nämlich deutlich mehr Jugendstaatsanwälte, Jugendrichter, Jugendgerichtshelfer und Jugendarrestanstalten geben. Das wäre zwar eine
schöne Sache, aber bisher war das kein Thema. Als ob für so was plötzlich Milliarden locker gemacht würden, das sind doch keine Banken.

Neben dem Ziel, dass die Jugendlichen und Heranwachsenden schon mal einen Schnupperkurs im Knast absolvieren sollen, quasi als
Abschreckungspratikum gegen künftige Berufskriminelle, verfolgt der Entwurf nach Fraktionsangaben noch zwei weitere hehre Ziele.

"Zum einen, die Jugendlichen eine Zeit lang aus ihrem Alltag und dem damit verbundenen, meist "schädlichen Umfeld" herauszunehmen. Zum
anderen können, so die Annahme, die Betreuer im Strafvollzug zumindest einige Tage oder Wochen lang "gezielt erzieherisch" auf die Jugendlichen
einwirken. "
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2012/38653492_kw16_sp_straftaeter/index.html

Ach wie nett. Der Arrest dauert als Dauerarrest maximal vier Wochen. Das ist ja keine besonders lange Zeit. Kürzer als die Sommerferien. Klar,
aus dem Umfeld wäre der Jugendliche dann 4 Wochen raus, aber was soll das denn bringen ? Danach ist er ja wieder drin. Änderung des Umfeldes wäre eine gute Lösung, oder ? Verzeihung, falsches Thema.

Noch lustiger und schon geradezu vermessen ist die "Annahme", die Betreuer könnten "einige Tage oder Wochen gezielt erzieherisch auf die
Jugendlichen einwirken " - ja sicher. Abgesehen davon, dass der bisherige Arrest mir nicht durch besondere erzieherische Einwirkung auf meine jugendlichen und heranwachsenden Mandanten aufgefallen wäre. Wie soll das denn gehen. Ein Instant-Erziehungsprogramm ? Wer soll das
machen ?


http://www.schwaebische.de/cms_media/module_img/1042/521413_1_articleorg_B82838623Z.1_20120229190354_000_GLSOJB81.1_0.jpg


Für jeden Arrestierten eine Supernanny ? In den sechs Jugendarrestanstalten des Landes NRW werden auf insgesamt 254 Arrestplätzen bisher jährlich etwa 8600 Arreste verbüßt, also pro
Arrestplatz knapp 34.Viel mehr geht da kaum. Die personelle Ausstattung der Arrestanstalten ist nicht besonders prickelnd, so dass die meisten
Rückkehrer aus dem Arrest eher von Langeweile als von dem Versuch einer Erziehung berichten.

Ob es nach der Gesetzesänderung mehr Geld vom Bund
gibt, für Blitz-Erzieher, Psychologen, Beschäftigungstherapeuten etc. ? Ich würd's gern glauben, tu's aber nicht.

Bisher hat es noch kein Bundesland geschafft, ein vom Bundesverfassungsgericht bereits 2006 gefordertes Gesetz /zum Jugendarrestvollzug zu schaffen/. Da wird bisher ohne gesetzliche
Grundlage hantiert. Jedes Bundesland macht so aufgrund einer einfachen bundesweiten Verwaltungsvorschrift vor sich hin. Es ist also auf Landesebene keineswegs geregelt, dass zumindest der Versuch unternommen wird, an den Eingelochten rum zu erziehen. NRW hat wenigstens als erstes Bundesland mal einen Gesetzentwurf zum Jugendarrest eingebracht.

Der Entwurf der Koalition wird übrigens als Maßnahme gegen eine steigende Jugendgewalt verkauft. Das macht sich besonders in
Wahlkampfzeiten gut. Law & Order. Irgendwie nur blöd, dass die Jugendgewalt nur gefühlt ansteigt, tatsächlich aber seit Jahren zurück geht.

Dass bisher die Rückfälligkeit nach Arrest höher ist als nach sinnvoll gestalteter Bewährungszeit, ist auch nur so eine lästige Tatsache.

Auf den zweiten und dritten Blick wirkt der Entwurf daher wie eine Mogelpackung. Draußen steht, wir tun was gegen Jugendgewalt, drinnen ist
nur viel heiße Luft. Wer wirklich was gegen Jugendgewalt tun will, darf nicht nur populistisch für härtere Strafen sorgen, er muss sich um die Lebensbedingung der Kinder und Jugendlichen sorgen, sonst ist der Warnschuss nur ein Schuss in den Ofen.

von RA Heinrich Schmitz

Samstag, 5. Mai 2012

Scheiß Deutsche - Volksverhetzung und Meinungsfreiheit von RA HEINRICH SCHMITZ

Einfach großartig, was uns der gute SPIEGEL TV Anwalt Heinrich Schmitz wieder zusammengefasst hat. Hier also als direkt Antwort auf meine albernen "Erregungszustände" einen Artikel zuvor.


http://deutschlandecho.org/wp-content/uploads/2011/08/Scheiß-Deutsche.jpg

von RA HEINRICH SCHMITZ
Es kommt immer wieder vor, dass Deutsche von Migranten - die möglicherweise selbst bereits deutsche Staatsbürger sind - als "Scheiß-Deutsche" beschimpft werden. So ging es zum Beispiel gestern Alexander http://wallasch.twoday.net/stories/kein-schoene-tag

Und es kommt auch immer wieder vor, dass dann die Frage gestellt wird, ob der schlimme Schimpfer sich dadurch nicht wegen Volksverhetzung strafbar gemacht hat.

Klingt ja auf den ersten Blick auch ganz nachvollziehbar , Volk = Deutsch , Verhetzung = Scheiß . Aber nicht alles, was auf den ersten
Blick einleuchtend erscheint, hält einem zweiten Blick stand.

Es kann keinen ernsthaften Zweifel daran geben, dass die Bezeichnung "Scheiß-Deutscher" eine strafbare Beleidigung ist, denn mit dieser
Bezeichnung erklärt der Schimpfer seine deutliche Missachtung dem Beschimpften und seiner Nationalität gegenüber. Es ist also eine
Straftat, die auch auf Antrag verfolgt werden kann.

Der Antrag muss innerhalb von 3 Monaten gestellt werden, sonst ist es nichts mehr mit der Strafverfolgung. Bei einer Verurteilung drohen bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe. Das ist ja schon mal was, aber manchem nicht genug.

Aber, für eine strafbare Volksverhetzung, für die es eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren geben kann, muss es dann doch noch deutlich mehr dazu kommen.

Die Volksverhetzung ist gemäß § 130 StGB strafbar http://dejure.org/gesetze/StGB/130.html .

Die Beschimpfung "Scheiß-Deutsche" als Volksverhetzung könnte allenfalls theoretisch im § 130 Abs. 1 StGB untergebracht werden, wo es heißt,

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.
gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen
Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorgezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder
Willkürmaßnahmen auffordert oder

2.
die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner
Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

letztlich scheitert das aber - und zwar völlig zu recht.

Dass der öffentliche Frieden gestört werden könnte, wenn in einer verbalen Auseinandersetzung von "Scheiß-Deutschen" die Rede ist, ist kaum zu erwarten. "Der öffentliche Friede bezeichnet sowohl einen objektiv feststellbaren Lebenszustand allgemeiner Rechtssicherheit und
des frei von Furcht voreinander verlaufenden Zusammenlebens der Staatsbürger als auch das Vertrauen der Bevölkerung, in Ruhe und Frieden
leben zu können"( LK § 130 StGB Rn.3 ) . Beides ist erkennbar nicht dadurch gefährdet, dass ein einzelner oder ein paar Deutsche mit dem
Zusatz "Scheiß" tituliert werden.

Die Menschenwürde des Beschimpften wird durch diese Beleidigung ebenfalls nicht angegriffen, da alleine eine beleidigende Beschimpfung
dem Beschimpften weder die Daseinsberechtigung abspricht noch zu seiner Vernichtung aufruft..

Das mag zunächst für juristische Laien etwas merkwürdig erscheinen, es hat aber einen tieferen Sinn, der aus dem Grundrecht der
Meinungs(äußerungs)freiheit entspringt.

Die Vorschrift des § 130 StGB, also die Strafbarkeit der Volksverhetzung, ist alles andere als unumstritten, da sie - über die
normale Beleidigung hinaus - eine erhebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit bedeutet. Es gibt in der juristischen Literatur reichlich ernst zu nehmende Stimmen, die die Vorschrift für
verfassungswidrig halten. Das BVerfG sieht das bisher anders, betont aber, dass die Vorschrift stets vor dem Hintergrund des Grundrechts äußerst einschränkend auszulegen ist.

Die in Artikel 5 GG geschützte Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht, das garantieren soll dass die öffentliche Meinungsbildung nicht staatlich beeinträchtigt oder sogar verboten wird. Das damit verbundene Verbot der Zensur soll die Meinungs- und Informationskontrolle durch
staatliche Stellen verhindern . Dem Staat ist vorbeugende Informationskontrolle durch Zensur grundsätzlich verboten. Zur Meinungsfreiheit gehört damit auch die Verbreitung von absolutem
Blödsinn.

Das Verbot z.B. der Holocaustleugnung ist insoweit eigentlich systemwidrig, wird aber vom Verfassungsgericht vor dem Hintergrund des
Geschichte als verfassungsgemäß akzeptiert. Das mag sich irgendwann auch noch ändern. Deutlich muss jedenfalls sein, es geht nicht darum
unsinnige und beleidigende Äußerungen mit hohen Strafen zu sanktionieren, sondern nur eine drohende Störung des öffentlichen Friedens.

Aber zurück zur Volksverhetzung für "Scheiß-Deutsche":

Die Deutschen selbst scheiden als Objekt der Volksverhetzung schon einmal deshalb aus, weil sie nicht Teil der Bevölkerung sind, sondern
die Bevölkerung selbst, jedenfalls deren größter Teil und nicht eine kleine Gruppe. Auch das mag sich irgendwann mal ändern, aber noch ist es
jedenfalls so. Man könnte es so ausdrücken : Was stört es die deutsche Eiche, wenn sich das Schwein an ihr scheuert - aber das lasse ich mal
besser, wer weiß denn, wer sonst meint, ich hätte ihn persönlich mit dem Schwein gemeint.

Als "Teile der Bevölkerung" wurden in der nahezu unüberschaubaren Rechtsprechung( Quelle: Leipziger Kommentar zu § 130 Rn 31 ) folgende
Gruppen anerkannt:

" Katholiken, Protestanten, Juden;^alle in der Bundesrepublik lebenden Ausländer; Aussiedler; Asylanten und Asylbewerber, auch solche ohne
Anspruch auf Asyl; die in Deutschland lebenden Gastarbeiter oder bestimmte Gastarbeitergruppen;^die vergleichbare Gruppe der
Gaststudenten; die in der Bundesrepublik lebenden Farbigen und dunkelhäutige Menschen;^die Sinti und Roma;^nach wirtschaftlichen, beruflichen und sozialen Gesichtspunkten bestimmte Gruppen wie Arbeiter, Bauern, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Kapitalisten, Besitzlose;^Arbeitslose
und Sozialhilfeempfänger;^Flüchtlingsgruppen; Kommunisten wegen ihrer gemeinsamen weltanschaulichen, politisch-ideologischen
Grundüberzeugung;^Punker;^staatliche Funktionsträger wie Beamte, bestimmte Beamtengruppen, Richter, Staatsanwälte,^Beamte der Schutz- und Kriminalpolizei; Soldaten der Bundeswehr;^politische und weltanschauliche Gruppen, z.B. Freimaurer;^landsmannschaftliche Gruppen wie Bayern, Schwaben, Einheimische oder Vertriebene;^Behinderte." - aber eben nicht die Deutschen als Gesamtheit.

Die bloße Bezeichnung als "Scheiß-Deutsche" stellt auch keine Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen dar, sie bleibt eine
einfache Beleidigung und damit zwar strafbar aber keine Volksverhetzung..

Womit bewiesen wäre, nicht jeder Scheiß ist Volksverhetzung.

von RA HEINRICH SCHMITZ

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